Spielanalyse

Robert Lewandowski – der vielseitige Torjäger

Der Pole gehört mit 35 Jahren noch immer zu den besten Stürmern der Welt.

Robert Lewandowski und Ferran Torres bejubeln ihren Treffer im LaLiga-Spiel FC Barcelona gegen CA Osasuna.
  1. Marius Fischer

    Marius Fischer, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball. Nebenbei ist er als Spielanalyst bei Viborg FF in der dänischen Superliga tätig.

Nach 344 Toren in 375 Spielen für den FC Bayern München wechselte Lewandowski im Sommer 2022 zum FC Barcelona. Auch wenn die Torquote des mittlerweile 35-Jährigen dort etwas niedriger geworden ist, hat Lewandowski es dennoch geschafft, sein Spiel weiterzuentwickeln und an den Fußball von Xavi anzupassen.

Rekorde über Rekorde

In seiner Zeit in der Bundesliga stellte der polnische Stürmer eine Vielzahl an Rekorden auf. Vor allem seine fünf Tore in neun Minuten am 22. September 2015 und das Übertreffen der magischen 40-Tore-Marke von Gerd Müller in der Saison 2020/21 sind dabei in Erinnerung geblieben. Auf seine ganze Karriere gesehen steht Lewandowski aktuell bei einer Torquote von 0.75 pro Spiel – nimmt man die 144 Vorlagen dazu, steht der Pole bei nur knapp unter einer Torbeteiligung pro Spiel und gehört damit zu den besten Mittelstürmern des modernen Fußballs.

Tore in allen Varianten

Auch wenn Lewandowski ein sehr kompletter Stürmer ist: Seine Kernkompetenz ist das Toreschießen. Hier agiert der Pole sehr vielseitig und flexibel. Ob mit seinem starken rechten Fuß, mit links oder per Kopf – Lewandowski schafft es, den Ball beidfüßig aus allen Lagen aufs Tor zu bringen. Er verfügt über einen herausragenden Torinstinkt und ist daher in der Lage, sehr viele einfache Treffer nach flachen Rückpässen oder per Abstauber nach Abprallern zu erzielen. Doch trotz seines gehobenen Alters verfügt Lewandowski noch immer über eine gute und unterschätzte Antrittsfähigkeit. So kann er dank seines sehr guten Timings für Tiefenläufe auch mit Schnittstellenpässen hinter die Abwehrkette bedient werden.

    1. Raphinha dribbelt in der rechten Halbspur in den Strafraum.

    2. Raphinha flankt in den Lauf von Lewandowski, ...

    3. ... der den Ball per Halbvolley mit links ins Tor schießt.

    1. De Jong dribbelt in der Zentrumsspur an ...

    2. ... und spielt einen Schnittstellenpass in den Lauf von Lewandowski.

    3. Lewandowski umdribbelt den Torhüter ...

    4. ... und schießt den Ball ins Tor.

    1. Torres umdribbelt seinen Gegenspieler in der rechten Außenspur ...

    2. ... und flankt auf Lewandowski, ...

    3. ... der das Kopfballduell gewinnt und ins Tor köpft.

Unterschätztes Passspiel

Lewandowski wurde in seiner Karriere hauptsächlich an seinen Toren gemessen. Doch die bereits erwähnten 144 Torvorlagen sind ein Beweis für sein gutes Auge für den freien Mitspieler und sein sauberes Passspiel. Vor allem letzteres konnte er in der vergangenen Spielzeit unter Trainer Xavi nochmals verbessern. Das ballbesitzorientierte Spiel des FC Barcelona (im Schnitt 70% Ballbesitz in der aktuellen Saison) erfordert von jedem Spieler eine maximale Passgenauigkeit und -schärfe. Besonders im Direktspiel ist Lewandowski mittlerweile in der Lage, die schnellen Flügelspieler und offensiven Achter mit Doppelpässen oder Schnittstellenpässen in Szene zu setzen. In diesen Situationen agiert er als klassischer Zielspieler.

    1. De Jong passt zu Lewandowski. Fati startet einen Tiefenlauf.

    2. Lewandowski leitet den Ball mit dem ersten Kontakt auf Fati weiter, ...

    3. ... der per Flachschuss ins Tor schießt.

    1. Pedri spielt einen Doppelpass mit Lewandowski ...

    2. ... und schießt den Ball volley ins Tor.

Der erste Verteidiger

Barca hat aktuell den niedrigsten PPDA-Wert in den europäischen Topligen – die Mannschaft erlaubt dem Gegner im Schnitt nur 7.50 Pässe, bis es zu einer Defensivaktion kommt. Eine große Rolle spielt dabei Robert Lewandowski: Trotz seines Alters agiert er als fleißiger vorderster Verteidiger und initiiert häufig das Pressing. Durch seine Erfahrung gelingt es ihm dabei immer wieder, Passwege durch sein geschicktes Anlaufen zuzustellen und den Gegner so zu langen Bällen zu zwingen. Durch seine Kopfballstärke übernimmt er darüber hinaus auch eine zentrale Rolle in der Strafraumverteidigung bei Standardsituationen.

    1. Nach einem langen Ball läuft Lewandowski den Innenverteidiger (IV) an.

    2. Unter Druck passt der IV den Ball zurück zum Torhüter. Lewandowski geht dem Pass nach.

    3. Durch sein Anlaufen zwingt er den Gegner zu einem ungenauen Pass ins Toraus.

    1. Ein langer Ball prallt beim Kopfballduell nach hinten ab. Lewandowski sprintet dem Ball hinterher.

    2. Lewandowski läuft den Innenverteidiger (IV) an, der unter Druck zum Torhüter passt, ...

    3. ... der den Ball ins Aus schießt.

Konstant hohes Level

Während viele Spieler im vergleichbaren Alter in den letzten Monaten nach Saudi-Arabien oder die USA gewechselt sind, ist Robert Lewandowski immer noch Schlüsselspieler bei einem Topverein in Europa. Auch wenn die ganz großen Torrekorde wohl der Vergangenheit angehören, wurde er in der letzten Saison noch Torschützenkönig in der spanischen La Liga. Durch seine hervorragende Physis und die Fähigkeit, sein Spiel anzupassen, kann Lewandowski verletzungsfrei noch einige weitere Jahre auf sehr hohem Niveau agieren.

Es ist eine Ehre, sein Trainer zu sein.
Pep GuardiolaEhemaliger Trainer von Lewandowski beim FC Bayern
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