3 FRAGEN AN...
Bundesligatrainer OLE WERNER
Wochenablauf und Gegnervorbereitung bei Holstein Kiel - und was beim Pokalsieg gegen den FC Bayern verändert wurde.
Ole Werner, geboren am 4. Mai 1988 in Preetz, ist Fußballlehrer und war 2019 Cheftrainer von Holstein Kiel und ist heute bei Werder Bremen tätig. Zuvor trainierte er bei den Störchen die zweite Mannschaft und stieg mit dieser 2018 in die Regionalliga Nord auf.
Seit dem Sieg im DFB-Pokal gegen den FC Bayern München stehen Holstein Kiel und Trainer Ole Werner im Rampenlicht. Dass die „Störche“ aus dem hohen Norden keine Eintagsfliegen sind, zeigt die Tabelle der 2. Bundesliga: Sie behaupten sich im Aufstiegsrennen und mischen um die begehrten Plätze kräftig mit. Grundlage für solche Erfolge ist immer die tägliche Arbeit mit der Mannschaft. Ole Werner gibt Einblicke, wie ein „typischer“ Wochenablauf aussieht, wie sich die Störche auf ihre Gegner vorbereiten und was beim Pokalsieg gegen den FC Bayern verändert wurde.
1) Nach dem sensationellen Sieg gegen den FC Bayern München im Pokal wieder auf den Ligaalltag umswitchen ... wie geht das?
Das war natürlich ein Highlight, vielleicht sogar ein historischer Moment für den Verein, der intern wie auch von externer Seite für eine hohe Identifikation sorgt. Dafür haben wir viel Zuspruch bekommen und das ist für Holstein Kiel wahrlich ein Segen. Ehrlich gesagt störte uns das Ereignis aber bei der Fokussierung auf die Ligaspiele.
So haben wir das Spiel gegen den Karlsruher SC (2:3-Heimniederlage, Anmerkung der Redaktion) in der Mannschaftsbesprechung analysiert, sind dabei ziemlich deutlich geworden und haben aufgezeigt, dass einige Dinge nicht funktioniert haben. Wir haben die Spieler auch persönlich angesprochen, was wir in der Regel nicht machen, sondern eher mannschaftsspezifische Dinge ansprechen und uns damit beschäftigen, wie wir als Team agieren. Einzelne Themen besprechen wir sonst eher im Dialog auf dem Trainingsplatz. Mit dieser Maßnahme wollten wir ihre Sinne schärfen und sie auf die kommenden Aufgaben einstimmen.
2) Wie sieht ein typischer Wochenablauf bei Holstein Kiel aus?
Nach einem Spiel übergibt uns unser Analyst Phillip Pelka erstes Material über den nächsten Gegner. Ich analysiere an den nächsten beiden Tagen das Spiel und verschaffe mir einen Überblick über den nächsten Gegner. Nach der ersten Einheit nach dem freien Tag tauschen wir uns im Trainerteam über den Gegner aus und erstellen die Analyse für die Mannschaft. Die Spieler absolvieren nachmittags eine zweite Einheit im Kraftbereich.
Mitte der Woche führen wir morgens die Analyse des Spiels des nächsten Gegners mit dem Ball durch, spielen anschließend auf dem Platz die betreffenden Situationen im 11 gegen 11 durch und entwickeln mit der Mannschaft unsere Gegenmaßnahmen. Der Analyst zeichnet diesen Trainingsteil im Video auf.
Die Bilder schauen wir uns im Trainerteam an, wählen einzelne Szenen aus und besprechen das Positive und Negative in der Mannschaftssitzung am nächsten Morgen. Zudem analysieren wir das gegnerische Defensivspiel, gehen es ebenfalls auf dem Platz durch und entwickeln unseren Plan mit Ball. Die Belastung zum Ende der Woche ist eher geringer, weshalb wir die Situationen nicht bis zum Ende durchspielen. An diesem Tag widmen wir uns auch den Standards. Beim Abschlusstraining geht es auch darum, dass wir uns nochmal gut bewegen.
3) Sie passen das eigene Spiel dem Gegner an – mal mehr, mal weniger. Wie wichtig ist es, dass die Spieler an ihre Stärke glauben und Automatismen festigen? Ist es genauso wichtig, ihnen das Gefühl zu vermitteln, gut auf den Gegner vorbereitet zu sein?
Generell werden wir immer auf die gleiche Art und Weise Fußball spielen. Wir besetzen Räume und machen das stets unter der Prämisse, unseren Fußball auf den Platz zu bringen. Wir passen uns zwar auch dem Gegner an, bleiben aber grundsätzlich in unserer Struktur, von hinten aufzubauen, die Zwischenräume zu besetzen, mit gezielten Pässen Reihen zu überspielen, in den Raum vor der Kette zu kommen und dann im letzten Drittel kreative Lösungen zu finden. In einer gleichbleibenden Grundordnung geht es um offene Räume und Anspieloptionen.
Dass der Außenverteidiger mal höher oder tiefer steht, ist für die Spieler keine große Umstellung. Da haben sie nicht das Gefühl, von jetzt auf gleich etwas ganz Anderes zu spielen. Das wäre eher der Fall, wenn ich die Grundordnung verändern würde. Dann entstünde bei einigen der Eindruck, wir würden unser Spiel völlig umkrempeln. Dem wäre zwar nicht so, aber sie würden unsicher. Für mich ist entscheidend, an die eigene Stärke zu appellieren und alle notwendigen Veränderungen der Taktik nachvollziehbar aufzuzeigen.
Gegen den FC Bayern München haben wir zum Beispiel umgestellt: Da standen wir etwas tiefer, haben eher mit zwei statt mit einem Sechser vor der Kette agiert. Aber trotzdem gaben wir unsere spielerische Identität nicht auf. Das ist für mich immer das Wichtigste.