Spaniens Titel-Triple

Die goldene Generation gewann die EM-Endrunden 2008 und 2012 sowie die Weltmeisterschaft 2010

Weltmeister Spanien

Sie schafften Außergewöhnliches: Gleich drei große Titel in Serie feierten die Spanier und dominierten von 2008 bis 2012 den Weltfußball. Gegen das kombinations- und ballbesitzreiche Spiel der Südeuropäer fanden die Gegner jahrelang kein passendes Mittel. Luis Aragones hatte die Nationalmannschaft 2004 übernommen, eine Einheit geformt, und sie zum ersten Europameistertitel seit 1964 geführt. Nach dem Turnier gab er den Staffelstab an Vicente del Bosque weiter, der die Erfolgsgeschichte mit zwei weiteren Turniersiegen fortschrieb. Die Achse Spaniens goldener Generation stellte sich vor allem aus den Topstars der beiden großen Clubs zusammen: Andres Iniesta, Xavi und Gerard Pique vom FC Barcelona sowie die beiden Madrilenen Iker Casillas und Sergio Ramos.

Insbesondere bei den Triumphen 2010 und 2012 hat sich Spaniens Nationalmannschaft durch eine große personelle Konstanz ausgezeichnet.
Dr. Thomas Hauser
Spaniens Top-Elf nach Einsatzzeiten
  1. Fünf Spieler waren nahezu unverzichtbar: Iker Casillas, Sergio Ramos, Marcos Senna, Carlos Marchena und Joan Capdevila. In fünf von sechs Partien spielte das Quintett über die volle Distanz. Im dritten Gruppenspiel gegen Griechenland gab Trainer Luis Aragones allen eine Pause, schließlich war das Viertelfinalticket nach den beiden Auftaktsiegen bereits gelöst. Auch weitere Spieler wurden geschont. David Silva, Carles Puyol, Fernando Torres und Xavi verpassten somit viele Spielminuten, mit denen der Sprung ins Kernteam wahrscheinlicher gewesen wäre. Insgesamt lässt sich aber behaupten, dass die Spanier mit einer konstanten und eingespielten Mannschaft den Titel beim Turnier in Österreich und der Schweiz gewannen.

  2. Die Zahlen beweisen: Beim WM-Triumph in Südafrika spielte für Spanien in jeder Partie nahezu die gleiche Elf. Auch die 0:1-Auftaktpleite gegen die Schweiz ließ Trainer Vicente del Bosque nicht zweifeln. Neun der zehn Kernspieler standen in jeder Partie in der Startformation. Sieben Akteure spielten mindestens sechs der sieben Begegnungen durch. Eine hohe Konstanz zeichnete sie aus – in ihren Formationen und den erzielten Ergebnissen. Von den elf meisteingesetzten Spielern der EURO 2008 tauchten 2010 erneut sieben Akteure in der TOP 11 auf. Casillas, Ramos und Capdevila standen erneut im Kernteam und waren somit auch beim zweiten Titelgewinn ganz bedeutsame Stützen.

  3. Vicente del Bosque machte das, was auch schon zwei Jahre zuvor bei der WM in Südafrika bestens funktioniert hatte. Er baute eine Mannschaft auf und vertraute ihr in jeder Partie. Zehn von elf Spielern waren in jeder Startformation gesetzt, neun von ihnen gelangten dank dieses Prinzips ins Kernteam. Besonders ist auch der Fakt, dass gleich sechs Spieler das komplette Turnier durchspielten. Spanien blieb von Verletzungen und Gelbsperren verschont. Das Triple der Südeuropäer, bisher einmalig in der Geschichte des Fußballs, kam nicht von ungefähr. Denn sechs Profis aus dem Kernteam gehörten diesem auch schon beim WM-Titel an. Die spanische Auswahl spielte sich im Laufe der Jahre ein und nutzte die goldene Generation für eine beispiel- lose Erfolgsgeschichte. Del Bosque tat gut daran, sein Team nur punktuell zu verändern.

Trainer Vicente del Bosque schien seine Personalplanung bereits vor den beiden Endrunden getroffen zu haben. Sowohl 2010 als auch 2012 setzte er auf einen großen Spielerkreis, den er in jeder Partie stets aufs Neue auf den Platz schickte. Es gab kaum Veränderungen in der Startformation, mehrere Akteure spielten das Turnier zudem durch. Bei der WM waren es Capdevila, Casillas und Pique. Die beiden letzteren spielten auch zwei Jahre später jede Minute, genauso wie Ramos, Arbeloa, Busquets und Alba. Das Team veränderte sich zwar von 2008 bis 2012, dennoch gab es gleich mehrere Spieler, die bei allen drei Turnieren zu den elf Spielern mit der längsten Einsatzzeit gehörten.

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Alle WM- und EM-Titelträger von 2008 bis 2020 im Überblick

Verschiedene Strategien führten zum Erfolg. Während einige Nationen mit großen Kernteams und beinahe identischen Startformationen den Titel holten, setzten andere auf das Rotationsprinzip. Während Spanien für Konstanz steht, stellte Portugal beim Europameistertitel 2016 mit vielen personellen Wechseln den Gegenentwurf. Deutschland lag 2014 zwischen den beiden Extremen. Das Kernteam war zwar mit sieben Kernspielern groß, gleichzeitig hielt sich Trainer Joachim Löw jedoch einige Positionen offen, auf denen er immer wieder variierte. Eine Gemeinsamkeit vereint alle Titelträger. War die Mannschaft bereits vor dem abschließenden Gruppenspiel für die K.o.-Runde qualifiziert, schonten die Trainer ihre Stammkräfte. Spanien (2008), Frankreich (2018) und Italien (2020) liefern diesbezüglich die Beispiele.

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Unsere Analyse hat gezeigt: Sowohl kleine als auch große Kernteams haben bei Welt- und Europameisterschaften zum Erfolg geführt.
Dr. Thomas Hauser