Julian Nagelsmann über … 

… Führung 

Um erfolgreich zu sein, ist die Menschenführung das Wichtigste. Es ist eine Gabe, emphatisch zu sein und Menschen zu führen, um in einem guten Verhältnis mit allen zu stehen. Insbesondere bei einem Klub wie dem FC Bayern München ist die Führung noch bedeutender als z. B. bei der TSG 1899 Hoffenheim, wo die Taktik eine etwas höhere Gewichtung erfährt. 

... Führung im Jugendbereich 

Im Nachwuchs ist Führung sogar noch wichtiger, weil du für die Persönlichkeitsentwicklung verantwortlich bist. Dadurch bekommt sie einen anderen Stellenwert als im Erwachsenenfußball. 

… Zielsetzung des Vorstands 

Der Vorstand gibt genaue Ziele vor. Beim FC Bayern ist das allerdings klar: Es geht um Titel. Das lassen wir dann auch mal medial fallen. Dennoch müssen sie klar benannt werden: Welche sind es? Wann können wir sie gewinnen? Wir haben bei uns einen großen Screen, auf dem der Name des jeweils nächsten Gegners steht. Und auf einem Zeitstrahl sieht man die kommenden Aufgaben und wohin sie uns führen können. 

… den Umgang mit Zielen 

Ziele müssen definiert und alle Tätigkeiten daraufhin ausgerichtet werden. Auf der Handlungsebene konzentrieren wir uns auf die Stärken und Schwächen der Spieler*innen, damit sie ihr Potenzial kennen und sich weiterentwickeln. Denn wenn sich jede/r Einzelne verbessert, wird das Team stärker und die Chance, unsere Ziele zu erreichen, steigt. In zehn Monaten die Champions League zu gewinnen, ist sehr abstrakt und deswegen braucht es Zwischenziele, die überprüfbar sind und dem Spieler / der Spielerin psychische Sicherheit spüren lassen, ohne ihn in einer Komfortzone zu lassen. 

… Zielsetzung im Trainer*innen-Team 

Im Trainer*innen-Team wollen wir eine gute Stimmung vorleben, damit wir zwar zielorientiert und erfolgreich arbeiten, allerdings auch Spaß an der Sache haben. Dazu wollen wir uns zu jedem Zeitpunkt klar die Meinung sagen können und uns gegenseitig unsere Einschätzungen und auch Kritik vermitteln. Dafür sind ein gesundes Verhältnis und Vertrauen essenziell. 

… Führungsprinzipien 

Entscheidend ist ein guter Mittelweg zwischen dem Vorangehen und dem Übergeben von Führung an die Spieler*innen. Beim Vorangehen versuche ich, durch meine Entscheidungen Mut zu vermitteln. Allerdings ist es auch mein Anspruch, ihnen Führung zu übergeben und maximales Vertrauen zu vermitteln. Sie sind es letztlich, die auf dem Platz stehen und für unsere Ziele kämpfen. Fußball ist ein Players‘ Game! 

… Kommunikation zwischen Spieler*innen und Trainerinnen 

Bei Bayern bringen alle Erfolgshunger mit, egal in welcher Karrierephase sich jemand befindet. Jeder verfolgt eigene Ziele und will sich weiterentwickeln. Die Hauptkommunikationsmittel sind Mannschaftssitzungen, Einzelgespräche und ganz viele Videoanalysen. 

… Lernen und Entwicklung 

Meine größte Kompetenz ist das Anpassen im Spiel, was jedoch bei Bayern deutlich seltener vorkommt. Da verliert man ein wenig seine Identität und muss sich neu erfinden. Vertrauen und Beziehung waren in der Hinrunde größere Faktoren als die Detailarbeit. Da haben wir an zwei bis drei Dingen gearbeitet, statt wie bei mir sonst üblich an sechs bis sieben. 

… Anspruch 

Am Ende sind die Spieler*innen die Stars auf dem Platz und nicht ich. Wenn wir gewinnen, ist es nicht entscheidend, ob sie all meine Ideen umsetzen. Die drei Punkte sind es. 

… Humor 

Humor ist Geschmackssache. Man wird mit seinem Witz nicht alle erreichen. Dabei ist das Schaffen einer guten Atmosphäre wichtig. Ich kreiere eine lockere Atmosphäre, um ernste Gespräche zu führen. Meist ist es genau umgekehrt. Ein flapsiger Spruch kann in bestimmten Momenten hilfreicher sein als eine fachliche Analyse. 

… Empathie und Gerechtigkeit 

Es ist menschlich, dass nicht jede/r Spieler*in gleich behandelt wird, da man zu jedem eine unterschiedliche Beziehungsebene hat. Jeder muss gerecht, aber nicht gleich behandelt werden.

… anspruchsvolle Ziele 

Das kommt immer auf den Spieler*intypen an. Manche sehen einen Reiz in ambitionierten Zielen und andere dürfen nicht überfrachtet werden, weil sie sonst daran zerbrechen.

… Verlieren 

Niederlagen sind zu akzeptieren. Aber sobald man das Verlieren lernt, ist es schon vorbei. Wenn ich spiele, möchte ich auch gewinnen.