Boxverteidigung
Den eigenen Strafraum sichern
Der Gegner steht vor der Box und sucht den Abschluss oder den finalen Pass. Nun geht es darum, das eigene Tor zu verteidigen und im und um den Strafraum herum wenig Räume anzubieten. Einerseits soll der Gegner innerhalb der Box nicht in Ballbesitz kommen, andererseits muss der Zeit- und Handlungsdruck für den Flankengeber oder den ballführenden Spieler im Rückraum hochgehalten werden, um schnelle oder überhastete Entscheidungen zu provozieren.
Wie haben es die Mannschaften gelöst?
Der linke Außenverteidiger (LV) passt zum linken Mittelfeldspieler (LM) in die Außenspur. Cancelo erkennt die Absicht und versucht, den Ball abzufangen.
Der LM erreicht den Ball jedoch einen Tick früher und setzt sich gegen Cancelo durch. Palhinha nimmt die Situation wahr, eilt zurück ...
... und sucht das Duell mit dem LM. Doch dieser setzt sich erneut durch und beschleunigt den Angriff. Die verbliebene Abwehrreihe aus Dias, Pepe und Mendes lässt sich daraufhin zügig zurückfallen.
Dias rückt an den ballführenden LM heran, während Pepe und Mendes im Zentrum die tornächsten Gegenspieler aufnehmen. Pepe nimmt zudem den zentral-offensiven Mittelfeldspieler (ZOM) wahr, der sich in den Rückraum absetzt. Der LM entscheidet sich für den Pass zum ZOM, doch Pepe antizipiert die Absicht, sprintet dazwischen und passt direkt zu Vitinha.
Nach einer Verlagerung dribbelt der Rechtsaußen (RA) zum gegnerischen Tor, woraufhin sich Spanien zurückfallen lässt. Dabei lenkt Cucurella den RA nach außen und Nico Williams sichert den Weg nach innen.
Seitlich des Strafraums verschärft der RA das Tempo und sucht das direkte Duell mit Cucurella. Parallel dazu nimmt Le Normand im Strafraum den zentral-offensiven Mittelfeldspieler (ZOM) in enge Manndeckung, während Rodri den Rückraum sichert. Im weiteren Verlauf behalten Cucurella und Nico Williams im Duell mit dem RA die Oberhand und blocken den Weg nach innen.
Daraufhin passt der RA zentral vor den Strafraum, wo der zentrale Mittelfeldspieler (ZDM) auf einen Distanzschuss lauert. Rodri reagiert handlungsschnell und verkürzt den Weg zum Schützen. Auch Le Normand beobachtet die Situation, ...
... und wechselt mit dem Pass von seiner Manndeckung in ein mögliches Blocken über. Letztlich blockt Rodri den Schuss vom ZDM. Der freie Ball landet anschließend über den zentralen offensiven Mittelfeldspieler (ZOM) beim linken Außenverteidiger (LV).
Der LV geht in der Außenspur ins Dribbling und sucht den Weg in die Tiefe. Die spanische Hintermannschaft lässt sich entsprechend fallen. Carvajal sucht das direkte Duell mit dem LV.
Carvajal kann die Flanke vom LV jedoch nicht verhindern. Durch das frühe Absetzen ist Cucurella jedoch dazu in der Lage, den Ball vor dem einlaufenden RA zu klären.
Nach einem Pass zwischen die Linien kann der ZOM den Angriff beschleunigen und Druck auf die französische Abwehr ausüben. Diese zieht sich umgehend zusammen sowie zurück, und kontrolliert so den Laufweg des Stürmers (ST). Gleichzeitig eilen Rabiot und Kanté zurück und pressen von hinten.
Letzterem gelingt es, den ballführenden zentralen offensiven Mittelfeldspieler (ZOM) in einen Zweikampf zu verwickeln. Upamecano nimmt die Situation wahr, hält seine Höhe ...
... und entscheidet sich nach einem schlechten Kontakt des ZOMs ins Doppeln mit Kanté überzugehen. Upamecano gewinnt den Zweikampf und klärt den Ball in den Halbraum, wo der LM den Ball aufnimmt.
Daraufhin setzt sich der ZOM frühzeitig nach außen ab. Der linke Mittelfeldspieler (LM) passt zum ZOM und startet einen Laufweg in die Tiefe, den Kanté aufnimmt. Außenverteidiger Koundé rückt dagegen auf den ZOM raus. Upamecano ordnet sich nach dem vorherigen Zweikampf wieder in der Kette ein.
Als der ZOM vorderlaufen wird, kappt er nach innen und verschafft sich im Duell mit Koundé den entscheidenden Vorsprung für eine Hereingabe. Die verbliebene Viererkette erkennt die Situationen und verringert zügig den Abstand zum eigenen Tor.
Dadurch lässt sich die Hereingabe und der Strafraum aus einer sauberen Position verteidigen. Letztlich ist es Theo Hernández, der die Flanke mit seinem Kopfball entschärft.
England verteidigt in einem tiefen und kompakten 5-4-1-System. Der ballbesitzende Innenverteidiger (IV) der Niederlande passt zum linken Verteidiger (LV), der umgehend zum Linksaußen (LA) weiterleitet.
Der LA setzt seinen direkten Gegenspieler Saka umgehend unter Druck. Mit dem Pass zum LA bzw. dessen Dribbling setzt sich der englische Defensivverbund nach hinten ab und hält die Kompaktheit.
Im Strafraum bereiten sich Stones, Guehi und Shaw bereits auf eine mögliche Hereingabe des LAs vor. Guehi und Shaw nehmen dabei eine offene Körperstellung ein und suchen den Kontakt zu ihren direkten Gegenspielern, während Stones am ballnahen Pfosten absichert. Auch Rice unterstützt in der Box und besetzt den Rückraum. Dabei schaut er sich mehrfach um und scannt das Umfeld nach möglichen Gegenspielern.
Anschließend bereitet sich Rice ebenfalls auf die mögliche Hereingabe vor und beobachtet die Situation am Flügel. Dort kappt der LA ab und passt zurück zum LV. Das versetzt u. a. die sich im direkten Duell befindlichen Guehi und Shaw in erhöhte Alarmbereitschaft.
Beide intensivieren den Körperkontakt mit den Gegnern und versuchen, ihre vorteilhaften Positionen zu halten. Der LV flankt schließlich aus dem Halbfeld in den Strafraum. Die Hereingabe landet jedoch bei Rice im Rückraum, die er problemlos nach vorne klären kann.
Aus dem Turnier in das Training
Mit der Boxverteidigung werden gruppen- oder mannschaftstaktische Prinzipien assoziiert. Doch letztendlich ist es die individuelle Qualität der Spieler*innen, die über den Erfolg oder Misserfolg einer Aktion entscheiden. In der Ausbildung müssen die technischen Fähigkeiten entwickelt werden, die in der Spielsituation wichtig sind. Noch bedeutsamer ist aber die Erfahrung und die Wiederholung der Aktion unter Zeit- und Gegnerdruck. Für beides sind Spielformen aus dem Katalog der Trainingsphilosophie Deutschland der Schlüssel.