Wissen

„Augmented Feedback“ als Lernbeschleuniger?

U14- und U15-Spieler verbessern ihre Passleistung durch kognitiv-motorisches Training mit audiovisuellem Feedback.

Neurozentriertes Training
Psychologie
Durch kognitiv-motorisches Training mit audiovisuellem Feedback können Spieler*innen ihr Passleistung verbessern.
    • 27 Nachwuchsfußballspieler absolvierten acht Trainingseinheiten und ihre Passleistung wurde vor und nach diesen Einheiten in einem Test erfasst.
    • Die größte Verbesserung hinsichtlich der Reaktionszeit gelang der Gruppe mit „Augmented Feedback“.
    • Im Vergleich zur Kontrollgruppe konnte sowohl die Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ als auch die Ohne-Feedback-Gruppe ihre Leistung im Passtest deutlich verbessern.
Abstract

Kognitive Aspekte wie die Antizipation spielen im Fußball eine wichtige Rolle. Dabei ist nicht nur die kognitive Leistung, sondern auch die motorische Umsetzung relevant. „Augmented Feedback“, d. h., auditives und visuelles Feedback hilft beim motorischen Lernen. Anhand von drei Trainingsgruppen zeigt ein Forscherteam, dass Nachwuchsfußballspieler ihre Leistung in einem Passtest durch ein kognitiv-motorisches Training mit „Augmented Feedback“ verbessern können – und dies stärker als durch ein reines kognitiv-motorisches Training ohne Feedback bzw. als durch ein reines Fußballtraining. Diese Unterschiede in der Verbesserung spiegeln sich auch im Trainerurteil, nicht jedoch im Spielerurteil, wider. Zukünftige Studien könnten diese Erkenntnisse stützen, indem diese auch die Passleistung auf dem Platz (und nicht nur in einem Passtest) berücksichtigen.

Rolle kognitiver Funktionen und motorischer Anforderungen im Fußball: Status kompliziert

Seit Jahren wird sowohl von Wissenschaftlern als auch von Trainern und Sportlern die Relevanz von kognitiven Faktoren diskutiert. Bislang wurden diese in wissenschaftlichen Studien unabhängig von den motorischen Anforderungen, beispielsweise am PC oder Tablet, erfasst und geschult [1]. Neuere Übersichtsarbeiten zeigen zudem, dass sportspezifische kognitive Tests, d. h., mit motorischen Anforderungen und/oder sportartspezifischen Stimuli, besser zwischen Leistungsklassen differenzieren können [2]. Dieses Defizit sahen auch Forscher aus der Schweiz, welche mit einem innovativen Versuchsaufbau versuchten, nicht nur die kognitive Leistung, sondern die kognitiv-motorische Leistung zu testen und zu trainieren.

Neue Technologie erlaubt die Erfassung der kognitiv-motorischen Leistung

In einem ersten Schritt entwickelten die Forscher im System COGNIFOOT einen Passtest, der die kognitiv-motorische Leistung erfassen kann. Dieses besteht aus einem Kunstrasenfeld (8 x 10 m) und einer Leinwand (10 x 4 m), welche sechs Meter vom Passspieler entfernt ist. Die Spieler sehen für 500 ms einen sich in eine Richtung fortbewegenden Kreis (sowie ab und zu weitere Kreise, die als Ablenkung dienen). Der Kreis verschwindet nach 300-500 ms, sodass die Aufgabe für die Versuchsperson darin besteht, den Ball schnellstmöglich auf die zukünftige Position des Kreises auf der Leinwand zu passen, d. h. so, als würden sie einem Mitspieler den Ball in den Lauf spielen (vgl. ABB. 01). Dies gilt als kognitiv-motorische Leistung, zum einen daher, da die Spieler antizipieren müssen, wie sich der Ball weiter fortbewegt (kognitiv) und zum anderen, weil dieses Wissen in das Passspiel (motorisch) integriert werden muss, damit der Ball die Leinwand zum gewünschten Zeitpunkt erreicht. Das COGNIFOOT-System kann folgende Parameter automatisiert erheben:

  • Reaktionszeit [RZ]
    (Zeit zwischen Erscheinen des Stimulus und dem Moment des Ballkontakts)

  • Passfehler [PF]
    (Abstand zwischen dem Treffpunkt des Balls auf der Leinwand und der virtuellen Position des Ziels zum Zeitpunkt des Aufpralls)

  • Passgeschwindigkeit [PG]
    (Durchschnittsgeschwindigkeit des Balls)

  • Passleistungsindex [PL = (RZp + PFp) / 2]
    (Wobei RZp + PFp den jeweiligen Prozentwert der minimalen RZ (500 ms) und den minimalen PF (20 cm) darstellt.)

Was ist „Augmented Feedback“?

Als Ziel hatte sich das Forscherteam gesetzt, herauszufinden, inwiefern „Augmented Feedback“ die kognitiv-motorische Leistung von jugendlichen Fußballspielern im Passspiel verbessern kann. „Augmented Feedback“ bedeutet eine externe Leistungsrückmeldung, welche sich positiv auf das Neulernen bzw. die Verbesserung der Effizienz einer bereits erworbenen Fertigkeit bezieht [3]. Im Rahmen der Studie war dies eine auditive und visuelle Leistungsrückmeldung. Als auditives Feedback dienten maximal 2 Sekunden lange Töne, die je nach Abweichung von Treffpunkt und Ort des Zielobjekts zum Zeitpunkt des Aufpralls variierten (Variationen des positiven Tons für Treffer mit weniger als 30 cm Abweichung, Variationen des negativen Tons für Treffer mit mehr als 30 cm Abweichung). Außerdem erfolgte ein visuelles Feedback, d. h., das Zielobjekt sowie der Ort des Aufpralls wurden auf der Leinwand dargestellt. Dieses „Augmented Feedback“ wurde von den Spielern als leistungsmotivierend wahrgenommen.

Welches Training verbessert die Leistung im COGNIFOOT?

Im Rahmen der Studie bildete das Forscherteam drei gleichgroße Gruppen aus 27 U15-Spielern eines Schweizer Nachwuchsleistungszentrums, die innerhalb eines dreiwöchigen Zeitraumes jeweils acht Trainingseinheiten in unterschiedlichen Formaten durchliefen.

  • Gruppe 1: Training im COGNIFOOT mit „Augmented Feedback“
  • Gruppe 2: Training im COGNIFOOT ohne „Augmented Feedback“
  • Gruppe 3: Kontrollgruppe (reguläres Fußballtraining auf dem Platz)

Alle Spieler führten vor und nach ihrem Trainingsblock einen standardisierten Passtest bestehend aus 32 Durchgängen im COGNIFOOT durch. Pro Durchgang wurde die Reaktionszeit (RZ), der Passfehler (PF), die Passgeschwindigkeit (PG) und der Passleistungsindex (PL) ermittelt. Außerdem wurden die Spieler (und ihre Trainer) gebeten, die eigene Leistung (RZ, PF, PG) auf einer fünfstufigen Skala einzuschätzen. Vor ihren Trainings unterschieden sich die drei Gruppen hinsichtlich der erhobenen Variablen nicht und waren dementsprechend vergleichbar.

Hilft „Augmented Feedback“, kognitiv-motorisch besser zu werden?

Insgesamt konnte die im Vorfeld der Studie getroffene Hypothese des Forscherteams, dass sich die COGNIFOOT-Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ (Gruppe 1) am deutlichsten im Passtest verbessern würde, bestätigt werden.

Die Studienergebnisse im Detail:

  • Reaktionszeit
    Die Reaktionszeit wurde für alle Gruppen geringer, allerdings zeigte nur die Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ eine signifikante Verbesserung (von 943 ms auf 774 ms im Durchschnitt).

  • Passfehler
    Im Vergleich zur Kontrollgruppe reduzierten beide Trainingsgruppen (mit und ohne Feedback) ihren Passfehler signifikant (von 44,5 cm auf durchschnittlich 37,2 cm). Zwischen den beiden Trainingsgruppen gab es keinen signifikanten Unterschied.

  • Passgeschwindigkeit
    Bezüglich der Passgeschwindigkeit zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den untersuchten Gruppen.

  • Passleistungsindex
    Die Gesamtleistung im Passtest verbesserte sich lediglich für die Gruppe mit „Augmented-Feedback“ signifikant (um 22 %). Für die Ohne-Feedback-Trainingsgruppe sowie die Kontrollgruppe ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede.

Welche Entwicklung gibt es während des Trainings?

Das Training mit „Augmented Feedback“ hat die Reaktionszeit der Spieler im Passtest signifikant verringert und beide Trainingsgruppen profitierten hinsichtlich des Passfehlers vom COGNIFOOT-Training. Auch die Gesamtleistung wurde in der Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ deutlich verbessert. Doch welche Leistungsentwicklung zeigte sich über die acht Trainingssessions hinweg? 

Interessanterweise profitierte die Trainingsgruppe ohne Feedback (Gruppe 2) lediglich bis zur dritten Trainingssession bezüglich der Reaktionszeit, während sich die Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ (Gruppe 1) über alle Trainingssessions verbesserte.

Während der Trainingssessions war die Fehlerquote (PF) in beiden Trainingsgruppen höher als bei den Ausgangstests. Dies begründet das Autorenteam mit der höheren Aufgabenschwierigkeit in den Trainingsdurchgängen (verschiedene Geschwindigkeiten der Zielobjekte). 

Hinsichtlich der Gesamtleistung im Passtest (PL) verbesserte sich die Trainingsgruppe mit „Augmented Feedback“ über alle Trainingssessions hinweg. Dieser Trend zeigte sich für die Ohne-Feedback-Gruppe lediglich bis zur fünften Trainingssession und fiel anschließend sogar wieder leicht ab.

In ihren gemeinsamen Urteilen (gemittelt über alle Bewertenden) konnten die Trainer die in den Tests gezeigten Verbesserungen widerspiegeln. Allerdings überschätzen insbesondere die Spieler der Kontrollgruppe die Verbesserung ihrer Leistung. Folglich kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass die Trainerurteile als valider einzuschätzen sind als die Selbsteinschätzungen.

„Augmented Feedback“ verbessert kognitive und motorische Leistung

Die Gruppe mit „Augmented Feedback“ verbesserte sich im Passtest um ca. 22%, während die Trainingsgruppe ohne Feedback sowie die Kontrollgruppe diese Verbesserung nicht zeigte. Außerdem zeigten sich die Trainereinschätzungen als zuverlässiger hinsichtlich der im Test gezeigten Verbesserungen als die Selbsteinschätzungen der Spieler.

Das Autorenteam schlussfolgert, dass sich die Leistungssteigerung in der Gruppe mit „Augmented-Feedback“ nicht nur durch den reinen Trainingseffekt erklären lässt, sondern, dass das „Augmented Feedback“ entscheidend gewesen sein musste, da sich die Ohne-Feedback-Gruppe nicht verbessert hat. Lediglich die Passgenauigkeit habe sich in beiden Trainingsgruppen verbessert. Somit haben sich sowohl kognitive (den zukünftigen Ort des Zielobjekts antizipieren) als auch motorische (schnellere motorischer Antwort basierend auf der Schätzung des zukünftigen Ortes des Zielobjekts) Fähigkeiten sowie deren Zusammenspiel verbessert. Offen bleibt allerdings, inwiefern eher das auditive Feedback (Ton) oder das visuelle Feedback (Ort des Passes) zur Verbesserung geführt hat.

Naher Transfer vorhanden, weiter Transfer zum Spiel noch zu klären.

Das Autorenteam betont, dass das Training von kognitiven Fähigkeiten in Kombination mit motorischen Anforderungen dem reinen kognitiven Training (ohne motorische Anforderungen) vorzuziehen sei, da so größere Leistungssteigerungen in spielrelevanteren Situationen, z. B. im Passspiel, zu erreichen seien. Dennoch bleibt offen, inwiefern sich diese Verbesserung auch auf dem Platz in realen Spielsituationen (und nicht nur im COGNIFOOT) zeigt. In diesem Zusammenhang existieren bislang nur wenige Studien mit teils konträren Ergebnissen [4, 5].  

Gemeinsame Betrachtung statt lediglich isoliert als Weg der Zukunft

Die Tatsache, dass nur die kollektive Bewertung des gesamten Trainerteams die objektiv gemessene Verbesserung abbilden konnte, aber kein einzelnes Trainerurteil für sich repräsentativ war, muss nach Meinung der Autoren unbedingt berücksichtigt werden. Entsprechend gelte es, mehrere objektive und subjektive Quellen im Sinne einer ganzheitlicheren Bewertung zu einem Gesamtpuzzle zusammenzufügen. Zudem dienen die Tests nicht als Selektionskriterium, sondern als Trainingsmittel, welches die Spieler durch das „Augmented Feedback“ motiviert, sich stets – auch im kognitiven Bereich – weiter zu verbessern.

Die Inhalte basieren auf der Originalstudie „Augmented-feedback training improves cognitive motor performance of soccer players“, die 2020 im Journal „Medicine & Science in Sports & Exercise“ veröffentlicht worden ist.

Literatur

  1. Hicheur, H., Chauvin, A., Cavin, V., Fuchslocher, J., Tschopp, M., & Taube, W. (2020). Augmented-feedback training improves cognitive motor performance of soccer players. Medicine & Science in Sports & Exercise, 52(1), 141-152.
    Studie lesen
    1. Walton, C. C., Keegan, R. J., Martin, M., & Hallock, H. (2018). The potential role for cognitive training in sport: more research needed. Frontiers in psychology, 9, 1121.

    2. Kalén, A., Bisagno, E., Musculus, L., Raab, M., Pérez-Ferreirós, A., Williams, A. M., Araújo, D., Lindwall, M., & Ivarsson, A. (2021). The role of domain-specific and domain-general cognitive functions and skills in sports performance: A meta-analysis. Psychological Bulletin, 147(12), 1290.

    3. Sigrist, R., Rauter, G., Riener, R., & Wolf, P. (2013). Augmented visual, auditory, haptic, and multimodal feedback in motor learning: a review. Psychonomic Bulletin & Review, 20, 21-53.

    4. Romeas, T., Guldner, A., & Faubert, J. (2016). 3D-Multiple Object Tracking training task improves passing decision-making accuracy in soccer players. Psychology of Sport and Exercise, 22, 1-9.

    5. Ehmann, P., Beavan, A., Spielmann, J., Mayer, J., Altmann, S., Ruf, L., Forcher, L., Klever, N., Rohrmann, S., Nuß, C., & Englert, C. (2022). Perceptual-cognitive performance of youth soccer players in a 360-environment–Differences between age groups and performance levels. Psychology of Sport and Exercise, 59, 102120.