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Saisonvorbereitung? Läuft!
Wie der 30-15 Intermittent Fitness Test in die Saisonvorbereitung integriert werden kann
- Wenn der 30-15IFT in die Saisonvorbereitung integriert werden soll, muss dabei die Gestaltung der Trainingsbelastung im Wochenverlauf und in der betreffenden Einheit berücksichtigt werden.
- Findet der 30-15IFT im Rahmen einer Einheit mit technischem Schwerpunkt statt, ist zwar in der Regel keine weitere metabolische Belastung mehr nötig, zusätzliche neuromuskuläre Elemente sind jedoch sinnvoll.
- Die Integration des 30-15IFT ins Training zu Beginn der Saisonvorbereitung hängt von der allgemeinen Trainingsplanung ab und ist daher auch kontextbedingt.
- Der Zeitpunkt des 30-15IFT muss vor allem mit der metabolischen und neuromuskulären Belastungsprogression abgestimmt sein.
Abstract
Der sogenannte 30-15 Intermittent Fitness Test (30-15IFT) ist ein weitverbreitetes Verfahren zur Überprüfung der allgemeinen Fitness in Sportarten mit Intervallcharakteristik, zu denen auch der Fußball zählt. In Abhängigkeit von der kurz- und mittelfristigen Trainingsperiodisierung sowie dem Aufbau der konkreten Trainingseinheit, in welcher getestet werden soll, existieren allerdings unterschiedliche Möglichkeiten der Einbindung des 30-15IFT. In der folgenden Abhandlung wird daher erklärt, wie der 30-15IFT, unter Berücksichtigung der geplanten Belastungsgestaltung, sowohl innerhalb einer Trainingseinheit als auch im Wochenzyklus, bei U17- bis U19-Spielern eines Nachwuchsleistungszentrums ins Training integriert werden kann.
Einleitung
Die Überprüfung der aktuellen Leistungsfähigkeit der Spieler in der Saisonvorbereitung ist eine wichtige Voraussetzung für die optimale Trainingssteuerung. Je nach Zielgröße stehen hierfür eine Reihe unterschiedlicher Testverfahren zur Verfügung, welche allerdings oftmals nicht im direkten Kontext des Spiels stehen. Ein etablierter Test zur Überprüfung der allgemeinen Fitness, welcher sich an den physiologischen Anforderungen (Intervallcharakteristik) des Fußballs orientiert, ist der sogenannte 30-15 Intermittent Fitness Test (30-15IFT) [1]. Basierend auf seinen Testergebnissen kann ein unspezifisches hochintensives Intervalltraining (HIIT) individuell geplant und gesteuert werden.
Bezüglich des optimalen Timings des 30-15IFT im Laufe der Saisonvorbereitung besteht allerdings keine einheitliche Meinung und es werden unterschiedliche Optionen diskutiert. Einerseits könnte mit der Überprüfung des Fitnessstatus unmittelbar nach Beginn der Saisonvorbereitung sofort auf die individuellen Trainingsbedürfnisse der Spieler eingegangen werden. Allerdings würde ein solches Vorgehen mit gewissen Risiken einhergehen, da bei Ausbelastung nach einer längeren Trainingspause auch ein hohes Verletzungsrisiko besteht. Zudem würde die schnelle Leistungsverbesserung, die sich nach dem Wiedereinstieg ins Training einstellt, ohnehin dazu führen, dass der Test nach 2-3 Wochen wiederholt werden müsste. Andererseits ist es gerade bei Profiteams schwierig, während der Saisonvorbereitung überhaupt ein geeignetes Zeitfenster zum Testen zu finden. Somit stellt sich die Frage, ob es nicht sinnvoller wäre, zunächst die allgemeinen Belastungsparameter des Tests zu ermitteln, um ihn dann schlichtweg zu einem sinnvollen Zeitpunkt im Rahmen der geplanten Belastungsgestaltung direkt in den Trainingsaufbau integrieren zu können [2].
Design des 30-15IFT
Der 30-15IFT umfasst sowohl metabolische als auch neuromuskuläre Anforderungen. Auf metabolischer Ebene spielen dabei der aerobe und der anaerob-alaktazide Energiebereitstellungsweg eine entscheidende Rolle. Zur neuromuskulären Belastung zählen Beschleunigungen, Abbremsbewegungen und Richtungswechsel [3].
Der Test besteht aus 30-sekündigen Shuttle-Läufen, jeweils gefolgt von 15-sekündigen Gehpausen [4]. Die Startgeschwindigkeit beträgt 8 km/h und wird mit jedem weiteren Lauf um 0,5 km/h gesteigert, wobei gut trainierte Athleten allerdings auch mit höheren Geschwindigkeiten (bspw. 10 km/h) in den Test einsteigen können. Dabei laufen die Spieler zwischen zwei Linien mit einem Abstand von 40 m hin und her (ABB. 01), die Geschwindigkeit wird über ein akustisches Signal (Piepton) vorgegeben, was bei der Tempogestaltung in der 3-m-Zone in der Mitte und am Ende jeder Seite des Laufbereichs hilft. Während der 15-sekündigen Gehpausen bewegen sich die Spieler geradeaus weiter, je nachdem wo sie mit dem Laufintervall aufgehört haben, bis zur nächsten Linie, von der aus sie dann wiederum mit dem nächsten Laufintervall starten. Ziel ist es, möglichst viele Laufintervalle zu absolvieren. Der Test zählt für einen Spieler als beendet, wenn er die vorgegebene Geschwindigkeit nicht mehr halten kann, oder wenn er dreimal hintereinander nicht in der Lage ist, beim Piepton eine der 3-m-Zonen zu erreichen. Die bei Abbruch erreichte Geschwindigkeit des Spielers wird als dessen Testergebnis notiert.
Der 30-15IFT als Teil der Saisonvorbereitung
Die metabolischen Anforderungen des 30-15IFT sind in etwa mit der Spiel- und Trainingsbelastung im Saisonverlauf vergleichbar [5], die eigentliche Bewegungsbelastung ist beim Test jedoch geringer. Das bedeutet für die Praxis:
- Wenn der 30-15IFT im Rahmen einer regulären Trainingseinheit stattfindet, muss keine zusätzliche metabolische Belastung eingeplant werden.
- Da jedoch die neuromuskuläre Belastung des 30-15IFT nur bei etwa 50-70% einer typischen Trainingseinheit liegt, kann diese Einheit mit technisch-taktischen Elementen ergänzt werden (z. B. taktikorientierte Spiele mit niedriger Intensität oder Standardsituationen).
- Spieler, die den 30-15IFT relativ früh abgebrochen haben, können einer weiteren metabolischen Belastung unterzogen werden, z. B. durch zusätzliche Tempoläufe.
Als zweiter Schritt muss eine Trainingseinheit mit geplantem 30-15IFT in das Belastungsschema der betreffenden Trainingswoche integriert werden. Dafür gibt es, abhängig vom Kontext (Alter, Spielniveau, Anzahl der Trainingseinheiten usw.), eine Vielzahl an Möglichkeiten. Das hier aufgezeigte Beispiel (TAB. 01 & ABB. 02) stammt aus einem Nachwuchsleistungszentrum (U17-U19) in Frankreich. Der 30-15IFT fand am vierten Trainingstag statt und die Einheiten der ersten drei Tage waren maximal von moderater Intensität (niedrige sRPE, vgl. TAB. 01). Mit Ausnahme der absolvierten Strecke über 19,8 km/h (HSR), repräsentierte der 30-15IFT, aufgrund der zusätzlichen Trainingsinhalte, nur einen Teil der Gesamtbelastung in den untersuchten Parameter (vgl. gelbe Balken in ABB. 02). Der Test wurde zwar während der ersten Woche der Saisonvorbereitung durchgeführt, hätte aber im selben Kontext genauso in der zweiten oder dritten Woche stattfinden können. Zu beachten ist die reduzierte Belastung am dritten Tag, damit die Spieler für den Test am Folgetag frisch und ausgeruht waren. Insgesamt wechselt die Belastungsprogression im Verlauf der Testwoche zwischen Tempoläufen und neuromuskulären Anforderungen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der 30-15IFT während der Saisonvorbereitung gut in den Ablauf einer Einheit der ersten Trainingswochen integriert werden kann. Dabei müssen jedoch die jeweiligen Belastungsparameter berücksichtigt werden, um eine progressive Belastungssteigerung während der betreffenden Trainingswoche gewährleisten zu können. Bei der Interpretation der Testergebnisse ist stets zu beachten, dass der 30-15IFT ein isoliertes Verfahren zur Überprüfung der allgemeinen Fitness darstellt und die spezifische Charakteristik der Sportart Fußball nicht in all ihren Facetten abbilden kann.
Die Inhalte basieren auf der Originalstudie „Pre-season fitness testing in elite soccer: integrating the 30-15 Intermittent Fitness Test into the weekly microcycle“ die 2020 in „Sport Performance & Science Reports“ veröffentlicht wurde.
Weiterführendes Wissen
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Literatur
- Buchheit, M., & Brown, M. (2020). Pre-season fitness testing in elite soccer: integrating the 30–15 Intermittent Fitness Test into the weekly microcycle. Sport Perform Sci Rep, 1, 111Studie lesen
Buchheit, M. (2010). The 30-15 intermittent fitness test: 10 year review. Myorobie J, 1(9), 278.
Buchheit, M. (2019). Programming high-speed running and mechanical work in relation to technical contents and match schedule in professional soccer. Sport Perform Sci Rep, 1, 64.
Laursen, P. B., & Buchheit, M. (2018). Science and application of high-intensity interval training: solutions to the programming puzzle. Human Kinetics.
Buchheit, M. (2008). The 30-15 intermittent fitness test: accuracy for individualizing interval training of young intermittent sport players. J Strength Cond Res, 22(2), 365–374.
Buchheit, M., Lacome, M., Cholley, Y., & Simpson, B. M. (2018). Neuromuscular responses to conditioned soccer sessions assessed via GPS-embedded accelerometers: insights into tactical periodization. Int J Sports Physiol Perform, 13(5), 577–583.