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Kleinfeldspiele nach Maß für die richtige Belastungssteuerung

Ein Vergleich von physischen Anforderungen zwischen Kleinfeldspielen mit und ohne Tore

Sie sehen Leonie Maier aus Deutschland beim Aufwärmen vor dem Qualifikationsspiel der UEFA EURO 2022 der Frauen zwischen Montenegro und Deutschland.
  1. Größe des Spielfelds

    • Je größer die Fläche des Kleinfeldspiels, desto höher auch die zurückgelegte Gesamtlaufdistanz und die Laufdistanz bei hoher (>14,4 km/h) und maximaler Geschwindigkeit.
    • Die Anzahl der Geschwindigkeitsänderungen (Summe aus Be- und Entschleunigungen) nehmen zu, wenn die Größe des Kleinfeldspiels reduziert wird.

    Art des Spiels

    • Bei Kleinfeldspielen mit Toren und Torspielern ist im Vergleich zu Kleinfeldspielen, die auf Ballbesitz abzielen, die Maximalgeschwindigkeit höher, während sich die Anzahl der Geschwindigkeitsänderungen nicht signifikant zwischen den Formaten unterscheidet. 
    • Umgekehrt sind die Gesamtlaufdistanz, der geschätzte Energieumsatz und die Metabolic Power bei Kleinfeldspielen mit Fokus auf Ballbesitz höher als unter Einbezug von Toren.

Abstract

Kleinfeldspiele stellen eine geeignete und effektive Methode dar, um das Training von fußballspezifischen physischen Anforderungen und technisch-taktischen Fertigkeiten miteinander zu verbinden. Dabei ist darauf zu achten, dass sich je nach Art und Format des Kleinfeldspiels auch unterschiedliche konditionelle Belastungen für die Spielerinnen und Spieler ergeben können. In der analysierten Studie wurden auf Grundlage von GPS-Daten physische Belastungsparameter von Elitefußballern der Englischen Premier League von Kleinfeldspielformaten (5 vs. 5, 7 vs. 7 und 10 vs. 10) mit und ohne Tore verglichen. Neben Daten zur Gesamtlaufdistanz und Distanzen in verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen untersuchten die Studienautoren auch die Anzahl an Geschwindigkeitsänderungen und den geschätzten Energieverbrauch. Die Ergebnisse tragen dazu bei, je nach Trainingsziel das passende Kleinfeldspielformat zu wählen.

Die wahre Größe des Kleinfeldspiels

Das Kleinfeldspiel erfreut sich zunehmender Beliebtheit und ist als Bestandteil des Fußballtrainings kaum mehr wegzudenken. Es müssen nicht immer traditionelle Intervallläufe sein, um beispielsweise die Ausdauer zu trainieren – auch mit Kleinfeldspielen können Trainer die fußballspezifische Ausdauer ihrer Spieler1 effektiv stärken [1, 2, 3]. Kleinfeldspiele haben zudem den Vorteil, dass sie auf spielerische Weise die für das Wettspiel relevanten Bewegungsabläufe beinhalten und dabei gleichzeitig kognitive und technisch-taktische Fertigkeiten schulen [1, 2, 4].

Welche Belastung bei welchem Kleinfeldspiel?

Um Kleinfeldspiele den jeweiligen Trainingszielen anzupassen, ist es von Bedeutung, genau zu verstehen, wie sich verschiedene Formate des Kleinfeldspiels auf die Spieler auswirken. Variablen wie u. a. Spielfeldgröße, Spieleranzahl und spezifische Spielregeln beeinflussen, wie hoch die Belastung ausfällt. Oftmals werden Parameter wie die Gesamtlaufdistanz, die Herzfrequenz und Blutlaktatwerte bei der Modifikation von Kleinfeldspielen herangezogen. Weiterführende Analysen zur mechanischen Belastung (Anzahl und Intensität von Geschwindigkeitsänderungen), dem Energieumsatz sowie Laufdistanzen in bestimmten Geschwindigkeitszonen können ein umfassenderes Bild zur bewirkten Trainingsbelastung geben.

Belastung von Elitespielern mit Kleinfeldspielformaten

Diesen erweiterten Ansatz haben Paolo Gaudino und Kollegen bei 26 Elitefußballern der Englischen Premier League während verschiedenen Kleinfeldspielformaten (TAB. 01) untersucht:  

  • Kleinfeldspiele mit Torspielern und Toren (SSG-G) sowie
  • Kleinfeldspiele ohne Tore und mit dem Ziel, möglichst lange im Ballbesitz zu bleiben (SSG-P).

Beide Formate fanden in drei verschiedenen Teamgrößen (mit angepassten Spielfeldgrößen) statt: 5 vs. 5, 7 vs. 7 und 10 vs. 10. Bei allen Kleinfeldspielformaten waren jedem Spieler maximal zwei Ballberührungen pro Aktion erlaubt. Die Abseitsregel war außer Kraft gesetzt und wenn der Ball ins Aus ging, wurde er sofort durch einen anderen ersetzt, so dass stets ein Spielgerät zur Verfügung stand. Ein GPS-basiertes Monitoringsystem zeichnete die Bewegungen der Spieler auf.

Sie sehen eine Tabelle mit Spielfelddimensionen der verwendeten Formate.
Der Vergleich von Laufdistanzen und Geschwindigkeiten

Nach Auswertung der Daten ergaben sich folgende Zusammenhänge: Sowohl bei den Kleinfeldspielen mit Toren als auch bei jenen ohne Tore erhöhte sich die Gesamtlaufdistanz und die Laufdistanz bei hohen Geschwindigkeiten, wenn die Fläche pro Spieler zunahm (10 vs. 10 > 7 vs. 7 > 5 vs. 5). Unabhängig von der Teamgröße legten die Spieler bei den Kleinfeldspielen ohne Tore eine größere Gesamtlaufdistanz zurück als bei den Kleinfeldformaten mit Toren und Torspielern. Die Distanzen unter sehr hoher Geschwindigkeit (19,8-25,2 km/h) und maximaler Geschwindigkeit (> 25,2 km/h) waren dagegen beim Kleinfeldspiel auf Tore größer als beim Kleinfeldspiel mit Fokus auf Ballbesitz.

Kleinere Spielflächen erfordern häufigere Geschwindigkeitsänderungen

Die Anzahl der Geschwindigkeitsänderungen (Summe aus Be- und Entschleunigungen) bei Kleinfeldspielen mit und ohne Tore nahm mit steigender Spielfläche ab (5 vs. 5 > 7 vs. 7 > 10 vs. 10). Dieses Ergebnis deuten die Forscher als Anzeichen dafür, dass das Spiel auf kleineren Flächen eine größere Varianz an körperlichen Bewegungsleistungen erfordert als es auf größeren Spielflächen der Fall ist.

Im Vergleich der Kleinfeldspiele mit und ohne Tore, ergaben sich tendenziell mehr Beschleunigungs- und Abbremsbewegungen bei dem Spiel ohne Tore, wo die Sicherung des Ballbesitzes im Vordergrund stand. Dies liege vermutlich am multidirektionalen Charakter dieser Kleinspielfeldvariante. Würden die Spieler stattdessen auf Tore spielen, würden die Bewegungsmuster sicherlich geradliniger in Richtung der Tore ausfallen.

Wenn der Trainingsschwerpunkt also auf der Toleranz von mechanischen Belastungen liegt, sind Spielformen im 5 vs. 5 auf Ballbesitz ein geeigneter Trainingsansatz. Umgekehrt ist für das Ziel Maximalgeschwindigkeit zu erreichen, eine größere Spielfläche sowie die Integration von Toren hilfreich.

Größeres Spielfeld und Fokus auf Ballbesitz steigern Energieverbrauch

Auf Grundlage der gemessenen Laufstrecken und Geschwindigkeitswerte berechneten die Forscher den geschätzten Energieverbrauch und die Stoffwechselleistung der Spieler als Maß für die körperliche Beanspruchung auf den unterschiedlichen Kleinfeldspielformaten. Es zeigte sich, dass Energieverbrauch und Stoffwechselleistung sowohl beim Kleinfeldspiel mit Toren als auch beim Kleinfeldspiel, das auf Ballbesitz ausgerichtet war, beim 10 vs. 10 höher ausfielen als beim 7 vs. 7 oder beim 5 vs. 5.

Bei den Kleinfeldspielen, die auf Ballbesitz abzielten, war die Stoffwechselleistung höher als bei den Kleinfeldformaten, die auf Tore und mit Torspielern gespielt wurden. Dieses Ergebnis stimmt mit Beobachtungen anderer Studien überein, die zeigen, dass das Einbinden von Torwarten gemeinhin das Spieltempo drosselt: Die Feldspieler absolvierten weniger hochintensive Läufe während geringer intensive Aktivitäten zunahmen [2]. Wenn das Trainingsziel also die Aufrechterhaltung einer höheren durchschnittlichen Intensität ist, so sollten Kleinfeldspiele mit Ballbesitzfokus Kleinfeldspielen mit Toren und Torspielern vorgezogen werden, raten die Forscher. 

Sie sehen eine Tabelle mit den physischen Leistungsparameter pro Kleinfeldspiel.
Für jeden (Zweck) das richtige Kleinfeldspiel

Nach Ansicht der Sportwissenschaftler erzielten sämtliche untersuchte Kleinfeldspielformate, eine durchschnittliche Intensität, die an jene von Wettspielen heranreicht oder sogar darüber hinausgeht. Aus diesem Grund eigneten sie sich hervorragend, um fußballspezifische Fitness zu entwickeln. Für die Praxis bleibt weiterhin festzuhalten, dass die verschiedenen Kleinfeldspielformate unterschiedliche Belastungen bei den Spielern erzeugen und auch verschiedene konditionelle Anforderungen trainieren. Die jeweilige Trainingsbelastung genau zu kennen und für die unterschiedlichen Trainingsziele in angemessener Weise einzusetzen, sei daher von hoher Wichtigkeit.

Die Inhalte basieren auf der Studie "Estimated metabolic and mechanical demands during different small-sided games in elite soccer players", die 2014 in „Human Movement Science" veröffentlicht wurde.

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1 Anmerkung zum Sprachgebrauch: Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit in der Regel nur noch die männliche Form verwendet. Es sind damit alle Personen unabhängig von ihrem Geschlecht gemeint.

Literatur

  1. Gaudino, P., Alberti, G., Probst & Iaia, F.M. (2014). Estimated metabolic and mechanical demands during different small-sided games in elite soccer players. Human Movement Science 36, 123-133.
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    1. Brandes, M., Heitmann, A., & Müller, L. (2012). Physical responses of different small-sided game formats in elite youth soccer players. Journal of Strength and Conditioning Research, 26, 1353–1360.

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    2. Hill-Haas, S. V., Dawson, B., Impellizzeri, F. M., & Coutts, A. J. (2011). Physiology of small-sided games training in football: a systematic review. Sports Medicine, 41, 199–220.

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    3. Hill-Haas, S. V., Coutts, A. J., Rowsell, G. J., & Dawson, B. T. (2009). Generic versus small-sided game training in soccer. International Journal of Sports Medicine, 30, 636–642.

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    4. Casamichana, D., Castellano, J., & Castagna, C. (2012). Comparing the physical demands of friendly matches and small-sided games in semiprofessional soccer players. Journal of Strength and Conditioning Research, 26, 837–843.

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