Wissen

Funktioniert Sportpsychologie?

Ein Überblick über die besten verfügbaren Erkenntnisse

Es sind drei Spieler aus der deutschen Fußballnationalmannschaft zu sehen, die auf der Terrasse sitzen und sich unterhalten.
    • Psychologische und psychosoziale Interventionen können die sportliche Leistungsfähigkeit verbessern.
    • Der Interventionseffekt könnte bis zu einem Monat anhalten.
    • Trainer könnten eine entscheidende Rolle für den Erfolg von Interventionen spielen.
Abstract

Angesichts der zunehmenden Anwendung von sportpsychologischen Interventionen bei Sportlern besteht die Notwendigkeit, die vorhandenen Belege für ihre Anwendung zu überprüfen. Daten aus 35 hochwertigen Studien mit Sportlern aus verschiedenen Sportarten wurden analysiert und die Ergebnisse zeigten, dass die Interventionen eine moderate Auswirkung auf die Leistung hatten und dass dieser positive Effekt bis zu einem Monat nach dem Ende der durchgeführten Maßnahme anhalten könnte.

Welche Bedeutung hat Psychologie für die sportliche Leistung?

Sportler, Trainer und Betreuer sind ständig bemüht, die sportliche Leistung der Athleten zu steigern. Um dieses Bestreben zu unterstützen, hat die Bedeutung von Wissenschaft und Medizin im Sport in den letzten Jahrzehnten rasant zugenommen, wobei das Augenmerk zunehmend darauf gelegt wurde, welche Rolle Psychologen dabei spielen könnten. Angesichts der wachsenden Rolle der Psychologen ist es notwendig, die vorhandenen Beweise zu evaluieren, die ihrer Arbeit zugrunde liegen.Die von Psychologen angewandten Interventionen lassen sich grob in die Kategorien "psychologisch", "sozial" oder "psychosozial" einteilen. Frühere Forschungsarbeiten der Interventionen im Sport haben sich typischerweise ausschließlich auf psychologische Interventionen konzentriert [1-3]. Dabei wurde festgestellt, dass bei 45 Studien psychologische Interventionen im Leistungssport eingesetzt und dass in 38 (85 %) davon positive Auswirkungen auf die Leistung gefunden wurden. In jüngerer Zeit, da die Zahl der Interventionsstudien zugenommen hat, konzentrieren sich die Forscher eher auf spezifische psychologische (z. B. mentale Übungen; [4-7]) oder soziale (z. B. Teambildung; [8, 9]) Interventionen, in denen allesamt positive Auswirkungen auf die Leistung festgestellt wurde. Der Zweck dieses E-Papers ist es, die Ergebnisse unserer jüngsten Untersuchung [10] darzulegen, die die psychologischen, sozialen und psychosozialen Interventionen mit Sportlern verschiedener Sportarten (u. a. Basketball, Tennis, Fußball) im Hinblick auf ihre Ergebnisse im Zusammenhang mit ihrer sportlichen Leistung bewertet.

Welche Studien wurden berücksichtigt?

Um sicherzustellen, dass nur die hochwertigsten Beweise einbezogen wurden, mussten Studien die folgenden Kriterien erfüllen:

  • Bewertung der Auswirkungen einer psychologischen, sozialen oder psychosozialen Intervention, um die Leistung zu verändern.
  • Prüfung der Leistung auf ein Ergebnis, bei dem es sich entweder um (a) eine technische Aufgabe handelte, die von den Sportlern in ihrer Sportart gefordert war (z. B. Golf-Putt), (b) eine Fitnesskomponente handelte, die von den Athleten in ihrer Sportart gefordert war (z. B. Kraft), oder um (c) eine Gesamtleistung oder ein Wettkampfergebnis handelte (z. B. Leistung beim wettkampfmäßigen Schießen).
  • Auswahl von Athleten jeden Alters, die im Sport auf lokaler, regionaler, nationaler oder internationaler Ebene an Wettkämpfen teilnahmen.
  • Verwendung von Forschungsmethoden mit "Gold-Standard" (z. B. randomisierte kontrollierte Studie).

Steigern Interventionen die Leistungsfähigkeit von Sportlern?

Wir haben 35 geeignete Studien gefunden. In diesen Studien wurden insgesamt 58 Interventionen vorgenommen, darunter 46 psychologische und 12 psychosoziale Interventionen; es wurden keine sozialen Interventionen identifiziert. Die Daten aus den Studien wurden kombiniert und die Ergebnisse der Analyse zeigten, dass die Interventionen insgesamt eine moderate leistungssteigernde Wirkung haben. Diese Wirkung war größer als die Mehrzahl der Effekte, die in früheren Forschungsarbeiten von Interventionen im Sport beobachtet wurden [5, 11, 12], und sie erwies sich als robust gegenüber Fehlern, die sich aus einer Reihe von gemeinsamer genutzten Quellen ergeben (z. B. Studien mit unvollständigem Bericht über die Daten oder selektiver Berichterstattung über statistische Ergebnisse). In Anbetracht der Ergebnisse gibt es neben anderen veröffentlichten Arbeiten eine starke Unterstützung für den Einsatz psychologischer und psychosozialer Interventionen zur Steigerung der sportlichen Leistungsfähigkeit. Die Auswirkungen waren über alle Wettbewerbsstandards der Sportler hinweg und unabhängig vom verwendeten Leistungsergebnis ähnlich. Dies deutet darauf hin, dass diese Techniken positive Auswirkungen auf die Leistung für eine Reihe von Sportlern haben können und dass alle Effekte im Training und im Wettkampf sichtbar sein sollten. Allerdings ist eine Warnung in Bezug auf das genaue Ausmaß des erwarteten leistungssteigernden Effekts erforderlich, da zwischen den einzelnen Studien große Unterschiede bei der Wirkung festgestellt wurde.

Haben psychologische Interventionen eine nachhaltige Wirkung?

Acht Studien bewerteten die nachhaltige Wirkung der Interventionen. Es zeigte sich, dass diese Interventionen bis zu einem Monat nach Abschluss der durchgeführten Intervention eine insgesamt große positive Wirkung auf die sportliche Leistung hatten. Die nachhaltige Wirkung kann durch folgende Umstände erklärt werden:

  • Den Sportlern kommt die Intervention nachhaltig zugute (z. B. weil sie sich weiterhin weniger ängstlich fühlen),
  • Die fortgesetzte Anwendung der Intervention hat einen fortdauernden Nutzen für die Sportler (z. B. durch Selbstgespräche bei künftigen Wettkämpfen), oder
  • Der Leistungsverlust in der Interventionsgruppe nach Beendigung der Intervention war geringer als in der Gruppe, die keine Behandlung erhalten hat.
In fast 80 % der Studien wurde jedoch die nachhaltige Wirkung von Interventionen nicht untersucht, und es gab große Unterschiede bei den beobachteten Wirkungen. Daher ist bei der Interpretation dieses Ergebnisses Vorsicht geboten.

Für wen funktionieren Interventionen und unter welchen Bedingungen?

Die Studien beinhalteten eine Vielzahl von Gruppen von Sportlern, die sich im Verhältnis von Männern und Frauen, im Wettbewerbsniveau und in der Sportart unterschieden (siehe Tabelle 1). 

In der Tabelle werden die Anzahl der durchgeführten Studien zum einen in Bezug auf das Wettbewerbsniveau und zum anderen in Bezug auf verschiedene Sportarten dargestellt.
In der Tabelle werden die Anzahl der durchgeführten Studien zum einen in Bezug auf das Wettbewerbsniveau und zum anderen in Bezug auf verschiedene Sportarten dargestellt.

Darüber hinaus variierten die untersuchten Interventionen hinsichtlich der Person, die die Technik anwendete (z. B. Trainer, Sportpsychologe), sowie hinsichtlich dessen, ob sie einzelne oder mehrere Komponenten umfassten und ob sie psychologisch oder psychosozial waren. Schließlich unterschieden sich die Studien in der Art des Leistungsergebnisses, in einer relevanten Fitnesskomponente, in einem Gesamt-/Wettbewerbsergebnis oder in einer technischen Aufgabe (siehe Tabelle 02).

In der Tabelle werden die verschiedenen Formen der Fitnesskomponenten, der Gesamt-/Wettkampfergebnisse und der technischen Aufgabe der aufgenommenen Studien dargestellt.
In der Tabelle werden die verschiedenen Formen der Fitnesskomponenten, der Gesamt-/Wettkampfergebnisse und der technischen Aufgabe der aufgenommenen Studien dargestellt.

Drei der Variablen (Teilnehmergeschlecht, Interventionstyp und Person, die die Intervention anwendete) wurden gefunden, die einige der beobachteten Unterschiede zwischen den Studien erklären könnten. Im Einklang mit der bestehenden Forschung war die häufigste Art der Interventionen, die psychologische. Die Ergebnisse deuteten jedoch darauf hin, dass diese Art der Intervention im Vergleich zu psychosozialen Strategien weniger effektiv bei der Leistungssteigerung war. Dies mag daran liegen, dass bei psychosozialen Techniken die zusätzliche soziale Komponente die Veränderungen im Denken und Verhalten des Einzelnen unterstützt. Zu diesen Strategien gehörten zum Beispiel die Unterstützung, die Trainer oder der Forscher den Sportlern beim Lernen anbot. Daher wird empfohlen, dass Sportler beim Erlernen neuer psychologischer Techniken von einer anderen Person (z. B. einem Trainer) unterstützt werden.Ferner stellten wir fest, dass männliche Sportler in die meisten Stichproben aufgenommen wurden und dass die Interventionen bei Stichproben geringfügig effektiver waren, die einen größeren Anteil an Männern enthielten. Diese Erkenntnisse könnten darauf hindeuten, dass bestehende Interventionen bei männlichen Sportlern häufiger entwickelt, getestet und präzisiert wurden als bei weiblichen Sportlerinnen, was bedeutet, dass weitere Arbeiten erforderlich sind, um die Vorteile von Interventionen bei weiblichen Athleten vollständig zu verstehen.Ebenso kann abgeleitet werden, dass die Person, die die Intervention vornimmt, die Wirkung der Intervention beeinflussen kann, wobei die größten Wirkungen beim vom Trainer vorgenommen Interventionen beobachtet wurden. Obwohl bei der Interpretation dieser Erkenntnis Vorsicht geboten ist, da Trainer nur in einer kleinen Anzahl an Studien Interventionen vornahmen, besteht die Möglichkeit, dass diese Effekte dadurch entstanden, dass Trainer und Sportler in einer engen Beziehung zueinanderstehen. So können Trainer eine wichtige Quelle für die Unterstützung der Psychologen sein, wenn sie den Sportlern neue psychologische Techniken beibringen.

Autor des Textes ist Dr. Daniel J. Brown von der University of Portsmouth (GB). Die Inhalte basieren auf der Originalstudie "Effects of psychological and psychosocial interventions on sport performance: A meta-analysis.", die 2017 im "Sports Med." veröffentlicht wurde.

Literatur

  1. Brown DJ, Fletcher D. Effects of psychological and psychosocial interventions on sport performance: A meta-analysis. Sports Med. 2017;41:77-99.
    Studie lesen
    1. Greenspan MJ, Feltz DL. Psychological interventions with athletes in competitive situations: A review. Sport Psychol. 1989;3:219-36.

    2. Vealey RS. Current status and prominent issues in sport psychology interventions. Med Sci Sport Exerc. 1994;26:495-502.

    3. Weinberg RS, Comar W. The effectiveness of psychological interventions in competitive sport. Sports Med. 1994;18:406-18.

    4. Feltz DL, Landers DM. The effects of mental practice on motor skill learning and performance: A meta-analysis. J Sport Psychol. 1983;5:25-57.

    5. Kyllo LB, Landers DM. Goal setting in sport and exercise: A research synthesis to resolve the controversy. J Sport Exerc Psychol. 1995;17:117-37.

    6. Tod D, Hardy J, Oliver E. Effects of self-talk: A systematic review. J Sport Exerc Psychol. 2011;33:666-87.

    7. Rumbold JL, Fletcher D, Daniels K. A systematic review of stress management interventions with sport performers. Sport Exerc Perform Psychol. 2012;1(3):173-93.

    8. Martin LJ, Carron AV, Burke SM. Team building interventions in sport: A meta-analysis. Sport Exerc Psychol Rev. 2009;5:3-18.

    9. Rovio E, Arvinen-Barrow M, Weigand DA, Eskola J, Lintunen T. Team building in sport: A narrative review of the program effectiveness, current methods, and theoretical underpinnings. Athletic Insight: The Online Journal of Sport Psychology. 2010;12:147-64.

    10. Brown DJ, Fletcher D. Effects of psychological and psychosocial interventions on sport performance: A meta-analysis. Sports Med. 2017;41:77-99.

    11. Driskell JE, Copper C, Moran A. Does mental practice enhance performance? J Appl Psychol. 1994;79:481-92.

    12. Hatzigeorgiadis A, Zourbanos N, Galanis E, Theodorakis Y. Self-talk and sports performance: A meta-analysis. Perspect Psychol Sci. 2011;6:348-56.