Ernährung
Fleischlos fit
Was bei vegetarischer und veganer Ernährung im Leistungssport zu beachten ist
Eine gute Ernährung ist wichtig für eine optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit bei Athleteninnen und Athleten. Vegetarische und vegane Ernährungsweisen nehmen auch in Deutschland immer weiter zu. Auch im Leistungssport ist die Ernährungsform angekommen. Was ist aber bei einer fleischlosen Ernährung bzw. einer Ernährung ohne tierische Produkte zu beachten? Und wie wirkt sie sich auf die sportliche Leistungsfähigkeit aus? Es folgt ein Überblick über ausgewählte Forschungsergebnisse.
Formen des Verzichts von tierischen Produkten
In Indien beispielsweise ernären sich schon lange viele Millionen Menschen fleischlos und auch in Deutschland nimmt dieser Trend immer mehr zu. Hierzulande geht man von ca. 7,8 Millionen Vegetariern aus [1]. Vegetarische oder ganz vegane Ernährung hält auch im Fußball Einzug. So haben sich zum Beispiel die Profis Mario Götze als auch Serge Gnabry zeitweise vegan ernährt, wenngleich sich die Mehrzahl der Spieler nicht vegetarisch oder vegan ernährt.
Vegetarier verzichten dabei grundsätzlich auf Fleisch und Fisch. Es gibt Ovo-Lacto-Vegetarier, die auch Milchprodukte und Eier zu sich nehmen, Lacto-Vegetarier, die zusätzlich auf Eier verzichten und Ovo-Vegetarier, die zusätzlich zum Fisch und Fleisch auch auf Milchprodukte verzichten (s. ABB. 02). Es gibt auch Menschen, die weitgehend auf Fleisch verzichten, aber von Zeit zu Zeit Ausnahmen machen. Zum Teil wird auch nur Fisch oder nur Geflügelfleisch gegessen. Streng genommen ist dies jedoch keine vegetarische Ernährungsform.
Veganer essen ausschließlich pflanzliche Kost. Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Honig kommen ihnen nicht auf den Teller. Selbst Spuren tierischer Produkte versuchen sie zu vermeiden. Natürlich sind die Übergänge dabei fließend.
Warum überhaupt auf tierische Produkte verzichten?
Bei vielen Menschen, die sich fleischlos ernähren wächst der Wunsch nach einer gesünderen, moralischeren oder klimafreundlicheren Ernährungsweise. Auch religiöse oder hygienische Gründe können eine Rolle spielen. Professionelle Sportler hingegen erhoffen sich häufig eine positive Auswirkung auf ihre Gesundheit und Leistung und passen dementsprechend Ihre Ernährung an [2, 3].
Dazu sollen in der Theorie drei mögliche Mechanismen beitragen. Zum ersten nehmen Vegetarier und Veganer häufig mehr Kohlenhydrate über ihre Nahrung auf als Menschen, die auch Fleisch essen. Die Hoffnung ist, dass sich hierdurch die Speicher an Glykogen in den Muskeln erhöhen, was zu einer schnelleren Regeneration und höheren Leistungsfähigkeit führen könnte.
Zum zweiten werden über die vegetarische und vegane Ernährung meist mehr Ballaststoffe und Antioxidantien aufgenommen. Gerade diese sollen den oxidativen Stress im Training reduzieren und gleichzeitig das Immunsystem fördern.
Drittens besteht die Hoffnung, dass die vegetarische oder vegane Ernährung das Säureverhältnis im Muskel bei Anstrengung regulieren kann. Theoretisch sollen dabei bestimmte Anteile der pflanzlichen Nahrung die Übersäuerung abpuffern. Das soll wiederum die Leistungsfähigkeit steigern.
Leistung ohne Fleisch
Kann eine fleischlose Diät aber Sportlern tatsächlich dabei helfen, ihre Leistung zu steigern? In Übersichtsstudien, die unter anderem Athletinnen und Athleten mit vegetarischer Ernährung mit solchen verglichen, die auch Fleisch zu sich nahmen [1, 2], schnitt in den meisten Fällen keine der beiden Gruppen in den Leistungstests besser ab als die andere.
Die Studien sind alle sehr uneinheitlich, gezielte Ernährungspläne wurden selten eingesetzt, die untersuchten Probanden variierten bezüglich der sportlichen Aktivität (z. B. Marathon, Fußball, Basketball, Nichtsportler) und die Ernährungsumstellung war teils sehr kurz (vier Tage bis zwölf Wochen). Es scheint so, dass eine vegetarische Ernährung weder eine positive noch eine negative Wirkung auf die körperliche Leistungsfähigkeit hat [2]. Insgesamt lässt die derzeitige Studienlage, aber keine verlässliche, abschließende Bewertung des Zusammenhangs zwischen einer vegetarischen Ernährung und verbesserten körperlichen Leistungsfähigkeit bei Sportlern zu [2].
Beispielhafter Ernäherungsplan für einen moderaten Trainingstag
Frühstück: Tofu-Rührei mit Avocado
Mittagessen/pre Training: Buchweizen mit Tempeh und Gemüse
- Training (Mittagessen und Training sollten ca. 3 Stunden auseinander liegen)
- Post-Snack im Anschluss an das Training: Haferflocken mit Apfel und Zimt
Abendessen: Spaghetti
Frühstück: Tofu-Rührei mit Avocado
Mittagessen: Buchweizen mit Tempeh und Gemüse
Pre Training Snack: Leinsamen mit Mandeldrink und Dattel (wenn zwischen Mittagessen und Training zu viel Zeit liegt und der Hunger zunimmt)
- Training
- Post-Snack im Anschluss an das Training: Haferflocken mit Apfel und Zimt
Abendessen: Spaghetti
Worauf achten?
Damit tatsächlich die positiven Effekte überwiegen können oder wenigstens keine nachteiligen auftreten, müssen laut vieler Erhebungen [1–6] gerade Athletinnen und Athleten besonders auf eine ausgewogene Aufnahme von Nährstoffen achten. Ein exakt abgestimmter Speiseplan hilft, um wirklich eine balancierte Versorgung mit ausreichend Energielieferanten, Vitaminen und Mineralstoffen sicherzustellen. Solange auf eine an den Leistungssport angepasste Ernährung geachtet wird, ist eine Ernährung ohne tierische Produkte im Leistungssport laut der Studien grundsätzlich möglich.
Gerade bei einer rein veganen Ernährung sollte die aufgenommene Energiemenge im Auge behalten werden. Pflanzliche Nahrung hat häufig eine geringere Energiedichte als tierische. Dadurch bietet es sich an, häufiger Mahlzeiten einzunehmen und auch viele Zwischenmahlzeiten mit ausreichend Kalorien einzuplanen. Es wird auch empfohlen, das Gewicht der Sportlerinnen und Sportler zu überwachen und gegebenenfalls den Essensplan anzupassen [3].
Stellen Sportlerinnen und Sportler gerade erst auf eine rein pflanzliche Ernährung um, sollten sie erst langsam über den Zeitraum von drei bis vier Wochen den Ballaststoffanteil in der Ernährung erhöhen, um keine Beschwerden im Magen-Darm-Bereich zu riskieren.
Da die rein pflanzliche Ernährungsweise meist mehr Kohlenhydrate enthält als eine mit tierischen Produkten, ist es wahrscheinlich, dass Sportlerinnen und Sportler darüber ihren täglichen Bedarf an Kohlenhydraten decken können. Dieser ist insbesondere bei Ausdauersportlerinnen und Ausdauersportlern höher als bei Nichtsportlerinnen und Nichtsportlern.
Fleischersatz eher selten essen
Insbesondere die Proteinzufuhr kann bei Vegetariern und Veganern unzureichend sein. Da die westliche Ernährung traditionell fleischlastig ist und dadurch ein großer Teil des Proteinbedarfs gedeckt wird, greifen viele Sportlerinnen und Sportler dabei auf sogenannte Fleischersatzprodukte zurück. Diese gibt es inzwischen sogar von Herstellern traditioneller Fleisch- und Wurstwaren in herkömmlichen Supermärkten zu kaufen und basieren meist auf Zubereitungen aus Soja oder Weizenproteinen.
Zwar kann der Proteingehalt dieser Lebensmittel durchaus mit dem von Fleischprodukten mithalten. Sie enthalten laut Übersichtsstudien [5, 6] jedoch häufig viele Zusatzstoffe und viel Salz. Bei solchen Produkten sollte also genau auf die Zusammensetzung geachtet werden.
Proteine aus pflanzlichen Quellen
Bei der Versorgung mit Proteinen aus rein pflanzlicher Nahrung gibt es gerade für Veganer einiges zu beachten. Diese neigen dazu, zu wenig Proteine zu sich zu nehmen [3]. Die pflanzlichen Eiweiße haben dazu zumeist eine geringere Wertigkeit als die tierischen. Ihnen fehlen also häufig essentielle Aminosäuren [3, 6]. Um ein möglichst breites Aminosäurenspektrum aufzunehmen, ist es besonders wichtig eine große Vielfalt an pflanzlichen Proteinquellen aufzunehmen (s. TAB. 01).
Eine Kombination von bestimmten pflanzlichen Nahrungsmitteln führt außerdem zu einer Optimierung der Proteinqualität (s. TAB. 02). Diese Ergänzungswirkung hält für ca. 4-6 Stunden an.
Um den Bedarf an essenziellen Aminosäuren, vor allem bei Veganern, zu decken, ist eine höhere Proteinmenge notwendig. Deshalb wird vegan essenden Hochleistungssportlerinnen und -sportlern empfohlen, täglich zwischen 1,4 und 1,7 Gramm Protein pro Kilogramm Körpergewicht zu konsumieren [3].
Vegetarier, die ihre Proteine aus Milchprodukten oder Eiern gewinnen, haben in der Regel keine Mangelzufuhr. Dennoch sollten sie auch verstärkt auf eine ausreichende Versorgung achten und auch möglichst vielfältige Pflanzenproteine zu sich nehmen.
Mineralstoffe
Auch die sogenannten Mikronährstoffe sollten im Fokus von Vegetariern und Veganern stehen [1, 4]. Obwohl nur ungefähr zehn Prozent der Athletinnen und Athleten insgesamt eine sogenannte Anämie, also einen Eisenmangel haben, ist dieser Prozentsatz bei Ausdauersportlerinnen und -sportlern höher. Bei der Versorgung mit ausreichend Eisen sollten Vegetarier und Veganer auf folgende Dinge achten: Auch wenn die Gesamtmenge an Eisen in pflanzlicher Nahrung nicht niedriger sein mag, als in tierischer, liegt dies in einer anderen Form vor und wird nicht im gleichen Maße vom Körper aufgenommen. Die Absorptionsrate des Eisens aus pflanzlichen Quellen ist also geringer. Wird gleichzeitig mit dem Eisen auch Vitamin C aufgenommen, kann dies helfen, dass das Eisen besser absorbiert wird. Gleichzeitig mit eisenhaltigen Lebensmitteln (s. TAB. 03) sollten im Idealfall also Fruchtsäfte oder stark Vitamin C-haltige Gemüse, wie rohe Paprika konsumiert werden.
Auch bei der Aufnahme von Zink aus pflanzlichen Quellen gibt es einige Dinge zu beachten. Über pflanzliche Nahrung wird meist weniger Zink aufgenommen als über tierische. Gerade Athleten verlieren aber unter Anstrengung große Mengen an Zink. Auch bei der Aufnahme von Zink kann Vitamin C helfen. Um die Bioverfügbarkeit von Zink aus Lebensmitteln zu erhöhen, kann außerdem
a) Vollkornbrot mit Quark kombiniert werden,
b) gesäuertes statt ungesäuertes Vollkornbrot zu sich genommen werden und
c) Körner und Samen vor dem Essen in Wasser eingeweicht werden.
Kalzium kann gut aus grünen Gemüsen, wie Grünkohl, Chinesischem Blätterkohl, Brokkoli Nüssen oder Samen gewonnen werden. Vegetarier werden meist auch über Milchprodukte mit ausreichend Kalzium versorgt.
Das in veganer oder vegetarischer Ernährung rare Jod kann über Algen oder jodiertes Speisesalz ausgeglichen werden.
Vitamine
Zu den Vitaminen, auf die Vegetarier und Veganer achten sollten, gehören insbesondere das Vitamin B12 und das Vitamin D. Zumindest Vegetarier können über Milchprodukte oder Eier in ausreichenden Mengen mit dem Vitamin B12 versorgt werden.
Bei Veganern kann die Wahrscheinlichkeit erhöht sein, dass sie einen Mangel an Vitamin D entwickeln. Das Vitamin ist insbesondere in tierischen Produkten zu finden. Da dieses Vitamin jedoch auch mithilfe der Sonneneinstrahlung vom menschlichen Körper produziert wird, sollte um einen möglichen Mangel festzustellen immer mit dem behandelnden Arzt gesprochen werden. Zu den Gruppen, die öfter einen Mangel an Vitamin D haben, gehören Sportlerinnen und Sportler, die in höheren Breitengraden leben und trainieren, sowie Menschen mit stärker pigmentierter Haut.
Omega 3-Fettsäuren
Omega 3-Fettsäuren sind meist in Fisch und Meeresfrüchten zu finden. Eine kluge Auswahl von Lebensmitteln, wie z. B. Algen, Walnüsse oder verschiedene Samen kann Vegetariern und Veganern bei der Bedarfsdeckung helfen.
Der Schlüssel liegt in der Vielfalt
Sowohl für fleisch- als auch fleischlos essende Athletinnen und Athleten ist es sinnvoll auf eine ausgewogene und individuelle Ernährung zu achten. Die vegetarische und vegane Form stellt spezielle Ansprüche, die entsprechend beachtet werden sollten. Wichtig ist es, möglichst vielfältig zu essen, viele Hülsenfrüchte, Nüsse, Körner, Samen und verschiedene Gemüsearten und wenig verarbeitete Ersatzprodukte zu konsumieren.
Literatur
Schröder, U., & Diehl, B. (2016). Vegetarische und vegane Ernährung - sinnvoll für leistungsorientierte Schwimmer? Swim & more, 6, pp. 38-40.
Craddock, J. C., Probst, Y. C., & Peoples, G. E. (2016). Vegetarian and Omnivorous Nutrition—Comparing Physical Performance. International Journal of Sport Nutrition and Exercise Metabolism, 26(3), 212–220.
Studie lesenVenderley, A. M., & Campbell, W. W. (2006). Vegetarian Diets: Nutritional Considerations for Athletes. Sports Medicine, 36(4), 293–305.
Studie lesenRogerson, D. (2017). Vegan diets: Practical advice for athletes and exercisers. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 14(1), 36.
Studie lesenFuhrman, J., & Ferreri, D. M. (2010). Fueling the Vegetarian (Vegan) Athlete: Current Sports Medicine Reports, 9(4), 233–241.
Studie lesenGraf G, Dittrich N, Mühleisen I, Clausen A. Vegetarische und vegane Ersatzprodukte. Ernahrungs Umschau. 2017 Jul 1;64(7):M382–9.