Spielanalyse

Pedri – Iniesta 2.0?

So jung und schon Weltklasse

  1. Thomas Stillitano

    Thomas Stillitano, Redakteur der DFB-Trainerzeitschrift „Fußballtraining“, analysiert Qualitätsmerkmale im internationalen Fußball.

Pedri ist trotz seines sehr jungen Alters (geboren im November 2002) bereits Stammspieler beim FC Barcelona und in der spanischen Nationalmannschaft. Bei der EURO 2020 wurde er zudem zum „Young Player of the Tournament“ gewählt. Mit starken Leistungen führte der zentrale Mittelfeldspieler sein Nationalteam bis ins Halbfinale und gehört auch im Olympia-Kader zu den wichtigsten Protagonisten. Allerdings stehen für Pedri mit den beiden Turnieren eine Saison mit bis zu 60 Saisonspielen auf dem Programm – eine enorme Belastung für Körper und Geist.

Der Ungreifbare

Pedris Spielweise ähnelt sehr der von den spanischen Weltmeistern Xavi Hernández und Andrés Iniesta. Der Youngstar hat ein herausragendes Spielverständnis, fordert ständig den Ball und ist durch seine sehr gute Vororientierung und Technik in der Lage, Lösungen unter höchstem Druck zu finden. Seine Beidfüßigkeit erlaubt es ihm, noch unberechenbarer, variabler und schneller zu spielen und macht ihn für seine Gegenspieler nur schwer zu fassen. Seine Schnittstellenpässe in den Strafraum sind gefürchtet und ein effektives Mittel gegen sehr tiefstehende Abwehrreihen.  Bei der EURO 2020 spielte er im 4-3-3 linker Achter.

    1. Der linke Innenverteidiger Torres dribbelt an. Pedri steht im Rücken des ZMF, löst sich mit einer Lauffinte und fordert das Zuspiel.

    2. Torres passt zu Pedri, der in dem Moment vom ZMF unter Druck gesetzt wird. Der zweite Schweizer ZMF antizipiert ein mögliches Anspiel zu Busquets. Durch seine Vororientierung erfasst Pedri die Situation und erkennt das Koke dadurch freisteht.

    3. Per Direktspiel passt Pedri zu Koke, der daraufhin viel Raum und Zeit hat den Angriff vorzutragen und Druck auf die letzte Abwehrreihe zu erzeugen.

    1. Pedri erhält das Zuspiel von Rodri und wird vom ZMF unter Druck gesetzt. Olmo setzt sich ins Zentrum im Rücken des ZMF ab.

    2. Pedri stoppt den Ball und täuscht zunächst einen Pass zu Olmo an, der durch sein Freilaufen den RIV aus der Fünferkette lockt und somit eine große Schnittstelle öffnet. Außenverteidiger Alba ist ebenfalls anspielbar.

    3. Pedri dreht sich leicht in Richtung Alba, der daraufhin sofort in die Tiefe sprinten. Pedri chippt den Ball über den Verteidiger hinweg zu ihm.Pedri dreht sich leicht in Richtung Alba, der daraufhin sofort in die Tiefe sprinten. Pedri chippt den Ball über den Verteidiger hinweg zu ihm.

    4. Alba flankt zum einlaufenden Moreno auf den ersten Pfosten, der jedoch knapp vorbeischießt.

    1. Garcia passt zu Busquets, der sich vororientiert. Olmo kommt entgegen, wodurch er den gegnerischen ZMF bindet und Pedri völlig frei zwischen den Abwehrreihen steht.

    2. Busquets passt direkt zu Pedri, der mit dem Kontakt aufdreht und andribbelt.

    3. Pedri wird vom gegnerischen RM verfolgt und dribbelt auf die Viererkette zu, die sich geschlossen fallen lässt. Torres, Olmo und Oyarzabal laufen in die Tiefe.

    4. Pedri passt im richtigen Moment durch ein sehr enges Passfenster zu Oyarzabal, der dadurch völlig frei vor dem Torhüter steht, das Zuspiel jedoch nicht verarbeiten kann.

Entwicklungspotentiale

Pedri hat herausragende Qualitäten, kann sich in einigen Bereichen aber noch steigern. Seine Torgefahr ist ausbaufähig, auch weil Pedri die Läufe in den Strafraum noch scheut. Defensiv fehlt es ihm an Zweikampfstärke und im Pressing allgemein erzielt er noch nicht die gewünschten Balleroberungen.

Ausblick

Pedri ist trotz seines Alters bereits ein Spieler von Weltklasse-Format. Sein erstklassiges Positionsspiel und sein Selbstverständnis legitimieren ihn zur Nachfolge vieler großer spanischer Mittelfeldspieler der vergangenen Jahre.

Was Pedri in diesem Turnier mit 18 gespielt hat, hat noch nie jemand geschafft – nicht mal Andrés Iniesta. Es ist unglaublich, einmalig.
Luis Enrique, Nationaltrainer Spanien