Top-Teams der WM 2022
Marokko
Das Überraschungsteam der WM 2022
Die größte Überraschung der FIFA-Weltmeisterschaft 2022 war zweifellos das Team aus Marokko.
Die Qualität und Stabilität des Teams waren bereits vor dem WM-Turnier und spätestens nach Abschluss der Gruppenphase offensichtlich. Bis zu einem Eigentor beim 2:1 gegen Kanada im dritten Gruppenspiel gegen Kanada kassierten die „Löwen des Atlas“ bei fünf Länderspielen zuvor keinen Gegentreffer. So zog die Mannschaft noch vor Vize-Weltmeister Kroatien in das Achtelfinale ein.
Es konnte dann eigentlich auch nicht überraschen, dass Marokko als erste Mannschaft Afrikas schließlich auch das Semifinale erreichte. Kamerun (1990), Senegal (2002) und Ghana (2010) waren bisher die einzigen Mannschaften Afrikas, die die Runde der letzten Acht erreicht hatten. Marokko besiegte dabei mit beherzten Auftritten so große Fußball-Nationen wie Portugal, Belgien und Spanien.
Zwar endete das WM-Turnier für das Überraschungsteam dann im Halbfinale, doch Marokko begeisterte weltweit die Fans und Experten: nicht nur weil sie leidenschaftlich und mit Herz kämpften, sondern auch immer wieder fußballerisch brillierten.
Spezielle Qualitätsmerkmale
Defensive
Der 1:0 Viertelfinalsieg gegen den Europameister von 2016 Portugal war prototypisch für die hervorstechenden Qualitäten Marokkos: Das Team verteidigte das 1:0 nach einem überragenden Kopfball-Treffer durch Youssef En-Nesyri mit beeindruckender Willenskraft, Disziplin, Siegermentalität, taktischer Cleverness, aber auch spielerischer Klasse unter Zeit-, Raum und Gegnerdruck.
- Über das WM-Turnier hinweg dominierte bei Marokko das Spielkonzept, aus einem konzentrierten, kompakt organisierten Defensivverband schnelle Gegenangriffe einzuleiten
- Aus dieser verdichteten Formation wurde regelmäßig kurz herausgestochen, um sich sofort wieder diszipliniert in die Position einzuordnen
- Sofan Amrabat vom AC Florenz war über das WM-Turnier hinweg der zentrale Taktgeber Marokkos. Er war bei den taktisch enorm diszipliniert agierenden Nordafrikanern die personifizierte Organisation. Er sortierte das Spiel seines Teams
- Marokko kassierte letztlich nur ein einziges Gegentor auf dem Weg ins Halbfinale (ein Eigentor im Spiel gegen Kanada).
Offensive
Vor allem im Halbfinale gegen Frankreich präsentierte sich Marokko trotz eines unglücklichen Spielbeginns über weite Strecken als gleichstarker Gegner. Bereits nach fünf Minuten musste Marokko das 0:1 verarbeiten, außerdem der bereits angeschlagene Kapitän Romain Saïss vorzeitig ausgewechselt werden. Dennoch setzte Marokko im weiteren Spielverlauf Frankreich unter Druck und erspielte sich bei 13 Abschlüssen auch einige hochkarätige Torchancen gegen den nicht immer souverän agierenden Weltmeister. Gleichzeitig hatte Marokko auch den deutlich größeren Ballbesitz-Anteil (61:39%).
Schließlich war der Kräfteverschleiß Marokkos aber gegenüber den individuellen Qualitäten Frankreichs erkennbar zu groß.
Das Überraschungsteam der WM 2022 überzeugte vor allem über eine starke Defensive. Aber der Halbfinal-Einzug war letztlich nur durch parallele Qualitäten im Offensivbereich möglich wie z.B.:
- Enorme Ballsicherheit auf (fast) allen Positionen unter Zeit-, Raum- und Gegnerdruck
- Hakim Ziyech (7), Achraf Hakimi (2), Noussair Mazraoui (3), Youssef En-Nesyri (19) und Azzedine Ounahi (8) repräsentierten brillante fußballerische Qualitäten über dieses Team-Level hinaus
- Muster beim organisierten Spiel- und Angriffsaufbau: Amrabat lässt sich aus der 4-1-4-1-Formation zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, die Außenverteidiger Mazraoui (3) und Hakimi (2) schieben gleichzeitig hoch, um die Offensive zu verstärken. Die beiden äußeren Mittelfeldspieler Ziyech (7) und Boufal (17) rücken nach innen und verstärken das Offensivzentrum
- Weiteres zentrales Angriffsmittel gegen einen unorganisierten Gegner: zielstrebige Konteraktionen vor allem über die Außen und Halbspuren