Neurozentriertes Training

Die bewegungssteuernden Systeme

Die wichtigsten Inputgeber des Gehirns

Neurozentriertes Training
Merle Frohms und Jan-Ingwer Callsen-Bracker

Vor allem drei Systeme beeinflussen mit ihren Signalen unsere Bewegungsqualität: das visuelle, das vestibuläre (Gleichgewicht) und das propriozeptive (Körperwahrnehmung) System. Diese Systeme empfangen Signale und verarbeiten diese gemeinsam zu einem großen Ganzen. Aller Input wird integriert, moduliert und daraus entsteht ein Netz von Informationen, die Grundlage für Bewegung. 

Das visuelle System

Der größte Input-Geber unseres Gehirn ist auch für den Fußball ein priorisiertes System. Vor allem Weltklassespieler verfügen über eine exzellente visuelle Wahrnehmung. Diese ist die Folge einer sich früh entwickelten Veranlagung, aber auch einer trainierten und stark entwickelten visuellen Kompetenz. Dazu gehören unter anderem folgende Fähigkeiten:

  • Visuelle Klarheit
  • Peripheres Sehen
  • Tiefenwahrnehmung
  • schnelle und präzise Augenmotorik

Zahlreiche Hirnareale sind bei der Verarbeitung des visuellen Inputs involviert. Damit hat das visuelle System auch Auswirkungen auf viele andere wichtige Funktionen, wie z.B. die Reflexstabilität. Diese ist unter anderem für eine saubere Technikausführung beim Passen oder Schießen und beim Zweikampf wichtig. Unsere visuelle Wahrnehmung und Verarbeitung liefert umfangreiche Informationen über unsere Umgebung, damit wir uns im Raum orientieren können. Aufgrund dieser Informationen treffen wir Entscheidungen und entwerfen Handlungspläne. Das visuelle System bildet den Kontext für die Signale des vestibulären und des propriozeptiven Systems. Defizite im visuellen System haben negative Auswirkungen auf die anderen Systeme. Sie müssen behoben werden, um die Bewegungseffizienz sicherzustellen.

Das vestibuläre System

Das visuelle und das vestibuläre System sind sehr eng miteinander verbunden: Während die Augen die Informationen der Umwelt sammeln, sorgen die Gleichgewichtssensoren für deren Stabilität. Damit wir in Bewegung klar und scharf sehen können (z.B. beim Sprinten) oder im Spiel unsere Umgebung präzise wahrnehmen können, bedarf es zunächst präziser vestibulärer und visueller Wahrnehmung. Erst die gut ausgebildete Integration dieser Informationen vervollständigt unsere Fähigkeiten. 

Ungenaue oder nicht zusammenpassende Signale im vestibulären System (Wahrnehmung oder Verarbeitung) haben meistens eine instabile und unpräzise visuelle Wahrnehmung zur Folge. Im Fußball führt die falsche, ungenaue oder verzögerte Wahrnehmung, Integration und Interpretation von Signalen zu einer ungenauen technischen Ausführung, einer unsicheren und instabilen Körperhaltung, verlangsamter Reaktions- und Entscheidungsfähigkeit. 

Das Gleichgewichtsorgan sitzt im Innenohr und hat fünf Rezeptoren: Zwei Makulaorgane für die linearen Beschleunigungen (horizontal und vertikal) und drei Bogengänge für die Drehbeschleunigungen des Kopfes, beispielsweise für den Schulterblick. Gemeinsam messen sie die Bewegungsrichtung und die Schwerkraft. Sie haben Einfluss auf die Kopf-, Nacken- und Augenbewegungen und die reflexive Aufrichtung des Körpers gegen die Schwerkraft.  

Das propriozeptive System

Die gesamte Körperwahrnehmung wird im propriozeptiven System zusammengefasst. Es empfängt alle inneren Signale und erstellt aus diesen einen Lageplan des eigenen Körpers im Raum.  Je präziser das Gehirn über alle Bewegungen Bescheid weiß, desto effektiver kann es reagieren. Fehler in der körperlichen Eigenwahrnehmung führen genauso zu unsauberen Bewegungen und Fehleinschätzungen und erhöhen somit die Verletzungsgefahr. Jede Positionsveränderung und jede Bewegung des Körpers verändert die Bedingungen für das vestibuläre und das visuelle System.

Für einen schnellen Schulterblick ist zum Beispiel nicht nur eine gute visuelle, sondern auch eine gute körperliche Wahrnehmung, sowie ein präziser Gleichgewichtssinn erforderlich. Die Handlung wird erst dann effektiv, wenn die Informationen aus allen drei Systemen genau erfasst, interpretiert und verarbeitet werden.